fataler trend

"Phubbing": Warum das Handy für die Liebe toxisch ist

Wer lieber stundenlang ins Mobiltelefon starrt, als sich seinem Partner zu widmen, setzt auf lange Sicht seine Beziehung aufs Spiel, sagen Psychologen.

Wer auch daheim lieber ins Handy schaut, als mit seinem Partner zu reden, macht "Partner-Phupping" – und setzt damit langfristig seine Beziehung aufs Spiel, wie Psychologen warnen
Wer auch daheim lieber ins Handy schaut, als mit seinem Partner zu reden, macht "Partner-Phupping" – und setzt damit langfristig seine Beziehung aufs Spiel, wie Psychologen warnen
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Newsflix Redaktion
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Schon mal von "Phubbing" gehört? Das ist ausnahmsweise kein neues Jugendwort, sondern ein ernstzunehmendes Problem in immer mehr Partnerschaften. Das Wort setzt sich zusammen aus den englischen Begriffen "Phone", also Telefon, und "Snubbing", was so viel heißt wie brüskieren, vor den Kopf stoßen. Zusammengesetzt bedeutet es, jemanden zurückweisen, indem man dauernd auf sein Mobiltelefon schaut. Das ist an sich schon keine sehr höfliche Art des Umgangs miteinander. In Liebesbeziehungen wird es aber immer öfter zu einem essentiellen Problem, das nicht nur nervt, sondern sich letztlich zersetzend auf eine Partnerschaft auswirken kann.

Das Phänomen nimmt rapide zu Man sieht sie mittlerweile überall, in Lokalen, in Parks, in öffentlichen Verkehrsmitteln. Menschen, die offensichtlich eine Partnerschaft führen, sich aber weder anschauen, noch miteinander sprechen. Statt dessen wird nur aufs Handy gestarrt, gefühlt 24/7. Eher unwahrscheinlich, dass sich das ändert, sobald die beiden Partner daheim sind. Im Gegenteil, ist man erst einmal in den eigenen vier Wänden angekommen, wird der Handy-Konsum meist noch exzessiver – denn jetzt merkt ja keiner mehr, dass man sich gerade nichts zu sagen hat.

Selbst im Schlafzimmer ist das Handy immer mit dabei: Die Zahl der Paare, die ein Problem mit exzessivem Handy-Konsum haben, nimmt rasant zu
Selbst im Schlafzimmer ist das Handy immer mit dabei: Die Zahl der Paare, die ein Problem mit exzessivem Handy-Konsum haben, nimmt rasant zu
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Problem erkannt … Die Psychologin Anne Milek weiß wovon sie spricht, wenn sie sagt: "Phubbing ist mittlerweile ziemlich verbreitet." Denn sie ist Leiterin der Arbeitsgruppe Paar- & Familienpsychologie an der Universität Münster und forscht zum Thema. Ihr Erkenntnisstand: "Wie viele Paare tatsächlich von Phubbing betroffen sind, ist noch nicht genau erfasst, es gibt noch zu wenige Studien dazu. Aber was wir wissen, ist, dass diejenigen, die sich in ihrer Beziehung häufiger gephubbt fühlen, auch von mehr Problemen in der Partnerschaft berichten."

… aber noch nicht gebannt Menschen, die sich von ihrem Partner gephubbt fühlen, würden sich demnach in ihrer Beziehung weniger verstanden fühlen, seien unzufriedener und erlebten auch weniger Intimität als jene, die über dieses Verhalten nicht klagen. Psychologin Anne Milek: "Phubbing gibt dem Partner das Gefühl, dass er ausgeschlossen wird." Frustration und Beziehungskonflikte seien die Folge.  Denn wenn der Partner nur in sein Telefon starrt, anstatt sich auch dem anderen zu widmen, bleiben Empfindungen wie Wertschätzung, Kontrolle und Partnerschaftlichkeit irgendwann zwangsläufig auf der Strecke.

'Partner-Phubbing' bedeutet, dass man gemeinsam einsam ist
Guido F. Gebauer, Diplom-Psychologe

"Gemeinsam einsam" Guido F. Gebauer, Diplom-Psychologe der Vermittlungsplattform "Gleichklang", nennt diese spezielle Form der Beziehungs-Ignoranz "Partner-Phubbing" – und präzisiert: "Partner-Phubbing bedeutet in gewisser Weise, dass man gemeinsam einsam ist. Aber dadurch, dass meistens beide Partner am Handy aktiv sind, fällt das nicht sofort auf." Oft nicht einmal den Betroffenen selbst.

Streit wegen des Handys gehört mittlerweile zu den häufigsten Themen, weswegen es in einer Beziehung Auseinandersetzungen gibt
Streit wegen des Handys gehört mittlerweile zu den häufigsten Themen, weswegen es in einer Beziehung Auseinandersetzungen gibt
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Phubbing-Studie Gefragt, welche konkreten Auswirkungen das auf eine Beziehung habe, zitiert Diplom-Psychologe Gebauer die Ergebnisse einer Untersuchung seines türkischen Kollegen Faruk Caner Yam. Der türkische Psychologe untersuchte die Auswirkungen von exzessivem Handy-Konsum in einer Partnerschaft anhand von vier Parametern: Wie häufig kommt Partner-Phubbing in einer Beziehung vor? Wie wirkt es sich subjektiv auf die Beziehungsqualität aus? Wie zufrieden sind die Paare mit ihrer Beziehung? Und welchen Einfluss hat die Belastung durch Partner- Phubbing auf die generelle Lebenszufriedenheit der Befragten?
Die Ergebnisse sind teilweise alarmierend.

Wie sich "Partner-Phubbing" auf eine Beziehung auswirkt

  • Es konnte ein eindeutiger, direkter Zusammenhang zwischen Partner-Phubbing sowie der subjektiven Beziehungsqualität und dementsprechend mit der Zufriedenheit in der Beziehung nachgewiesen werden;
  • Ein Manko bei der Beziehungsqualität bzw. -zufriedenheit vermindert auch die generelle Lebensfreude. Die Zufriedenheit mit der gesamten Lebenssituation eines Menschen hängt natürlich von vielen Faktoren ab – Arbeitsplatz, Einkommen, Gesundheit, Freundeskreis, Familie oder Lebensziele, um die wichtigsten zu nennen. Aber unbestritten hat auch die Partnerschaft einen entscheidenden Einfluss darauf, wie zufrieden man in seiner Lebenssituation ist.
  • Partner-Phubbing kann also einen direkten Einfluss auf die grundlegende Lebenszufriedenheit haben, so das Ergebnis der türkischen Untersuchung.
Qualitätszeit zu zweit: Beim gemeinsamen Essen sollte das Handy nicht dabei sein
Qualitätszeit zu zweit: Beim gemeinsamen Essen sollte das Handy nicht dabei sein
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Öfter offline sein Wer also ständig auf sein Handy starrt, schränkt nicht nur sich selbst sozial ein – auch wenn die allermeisten Menschen das vermutlich anders sehen –, weil er sich von realer sozialer Interaktion entkoppelt und den Großteil seines Lebens online verbringt. Wer auch in seiner Partnerschaft jede freie Sekunde durchs Netz surft und Social Media durchstöbert, anstatt mit seinem Partner qualitative Offline-Zeit zu verbringen, bei der man sich austauscht, zuhört und so auch Wertschätzung und Respekt vermittelt, setzt langfristig sein Beziehungsglück aufs Spiel. Auch dann, wenn der Partner nicht offenkundig unzufrieden ist mit der Situation, sondern sich selbst ebenso häufig in den Online-Weiten verliert.

Phubbing gibt dem Partner das Gefühl, dass er ausgeschlossen wird
Anne Milek, Psychologin, Universität Münster

Was man aktiv tun kann Psychologin Anne Milek von der Universität Münster rät zu folgenden Verhaltensweisen, um seinen Handy-Konsum daheim einzuschränken und die Partnerschaft dadurch nicht zu belasten:

Das Schlafzimmer als handyfreie Zone, ein eigenes "Safe Word" für exzessiven Handy-Konsum des Partners – es gibt viele Möglichkeiten, gegen Partner-Phubbing anzugehen
Das Schlafzimmer als handyfreie Zone, ein eigenes "Safe Word" für exzessiven Handy-Konsum des Partners – es gibt viele Möglichkeiten, gegen Partner-Phubbing anzugehen
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Was man gegen zu viel Handy-Konsum daheim tun kann

  • Handy raus aus dem Schlafzimmer – liegt das Mobiltelefon auf dem Nachtkästchen, greift man unwillkürlich danach. Besser: Das Handy außerhalb des Schlafzimmers aufbewahren und so eine ungestörte, entspannte Atmosphäre der Zweisamkeit schaffen;
  • Beim gemeinsamen Essen liegt kein Handy am Tisch – nur wenn man nicht ständig mit einem Auge aufs Display schaut, können sich echte Gespräche entwickeln. Beim Essen – zu zweit oder auch mit der ganzen Familie – sollte kein Handy am Esstisch liegen;
  • Thema nicht akut ansprechen – wenn Sie mit den Handy-Gewohnheiten Ihres Partners unglücklich sind, besprechen Sie Ihre Eindrücke und Empfindungen zu einem Zeitpunkt, wo sie beide entspannt sind. Auf keinen Fall in der Situation direkt ansprechen, denn dann werden sich zwangsläufig Vorhaltungen ergeben und es wird zu einer Auseinandersetzung kommen, die für keinen zielführend ist;
  • Die eigenen Gefühle erklären – wenn Sie mit Ihrem Partner besprechen, dass Sie sein Handy-Verhalten nervt, schildern Sie ihm, wie Sie sich fühlen, wenn er sich nur dem Mobiltelefon widmet, anstatt sich mit Ihnen auseinander zu setzen. oft hilft es auch, den Partner aufzufordern, sich die Situation andersherum vorzustellen;
  • Gemeinsame Ziele erarbeiten – überlegen Sie sich gemeinsam Lösungen, wie Sie die Handy-Problematik in den Griff bekommen können. Etwa handyfreie Zonen in Ihrer Wohnung oder Zeiten, in denen keiner von Ihnen das Handy zur Hand nimmt.
  • Etablieren Sie ein "Safe Word" –einigen Sie sich auf ein Codewort, das Sie dem anderen sagen, wenn Sie sich durch seinen Handykonsum gestört oder gekränkt fühlen. So können Sie auch in Gesellschaft oder in der Öffentlichkeit das Thema ansprechen, ohne Ihren Partner vor anderen offen zu kritisieren.
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