US-wahlkampf
1. TV-Duell: Stumme Mikros, keine Fans und ein Drogentest
In der Nacht auf Freitag prallten Joe Biden und Donald Trump in der ersten Präsidentschafts-Debatte aufeinander. Das müssen Sie dazu wissen und wo es die Show jetzt noch zu sehen gibt.
Wann fand das Duell statt?
In der Nacht auf Freitag. Um 21 Uhr Ortszeit (also am 27. Juli) in den USA, nach österreichischer Zeit 3 Uhr früh (also am 28. Juli).
Was ist ungewöhnlich daran?
Der Zeitpunkt. TV-Debatten finden üblicherweise viel näher am Wahltermin statt, diesmal der 5. November. Vor der letzten Wahl gab es die erste Konfrontation im Fernsehen erst am 29. September.
Wann gab es die erste TV-Debatte?
1960 zwischen dem damaligen Senator John F. Kennedy und Vizepräsident Richard Nixon. Die beiden brachten es im Wahlkampf gleich auf vier TV-Duelle, bei einem stand Nixon in einem Studio in Los Angeles, Kennedy in New York.
Wer trat diesmal überhaupt gegeneinander an?
Amtsinhaber Joe Biden, Spitzenkandidat der Demokraten, gegen seinen Vorgänger Donald Trump von den Republikanern. Der Witz dabei: Durch den frühen Zeitpunkt der Debatte sind die beiden noch nicht einmal offiziell von ihren Parteien nominiert. Die Republikaner halten ihre "National Convention" von 15. bis 18. Juli 2024 in Milwaukee, Wisconsin, ab, die Demokraten kommen überhaupt erst vom 19. bis 22. August in Chicago zusammen.
Warum durften nur die beiden gegeneinander antreten?
Um in eine TV-Debatte zu kommen, müssen vier Vorbedingungen erfüllt sein: Man muss alle verfassungsrechtlichen Bedingungen für das Präsidentenamt erfüllen, einen Antrag als Kandidat bei der Wahlkommission gestellt haben, in vier landesweiten Umfragen mindestens 15 Prozent der Stimmen erreicht haben, mindestens 270 Wahlmänner hinter sich wissen. Robert F Kennedy Jr., der ebenfalls mitreden wollte, erfüllte Kriterium 3 und 4 nicht.
Wo fand das Duell statt?
In einem Studio von CNN in Atlanta, Hauptstadt des US-Bundesstaates Georgia. Der erste 24-Stunden-Newssender der Welt kehrte Anfang 2024 aus Downtown Atlanta dorthin zurück, wo er 1980 gestartet worden war, auf den Techwood Campus. Aktuell arbeiten aber nur mehr ein paar hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier, seine Hauptquartiere hat CNN längst in Washington und New York aufgeschlagen.
Warum die Sendung nicht nur für die Kandidaten wichtig war
Weil CNN gehörig in der Krise steckt. Unter den News-Senden verliert das Nachrichten-Urgestein immer mehr an Boden. Die aktuellsten Zahlen von "Nielsen" zeigen: In der Primetime kommt der rechte Fox News Channel im Juni im Schnitt auf 2,1 Millionen Seher, MSNBC auf 1,2 Millionen, CNN aber nur mehr auf 525.000. Das Management sieht seine Zukunft auch eher im Internet als im linearen TV.
Übertrug CNN diesmal exklusiv?
Ja und nein. Der Sender stellte sein Signal live auch ABC, CBS, NBC, Fox News Channel, MSNBC, PBS and C-SPAN zur Verfügung, die Debatte lief also gleichzeitig auf allen großen US-Networks. Die Sender konnten eigene Werbung dazwischen verkaufen, mussten sich aber an Spielregeln halten. Das CNN-Logo musste durchgängig zu sehen sein und es durften sich keine eigenen Reporter oder Moderatoren dazwischen zu Wort melden.
Wer moderierte die Debatte?
Jacob "Jake" Tapper und Dana Bash. Tapper (55) stammt aus New York, sein Geschichte-Studium auf der Elite-Uni Dartmouth hat er Magna cum laude absolviert. Er war früher Pressesprecher bei den Demokraten, seit 2013 ist er Anchor bei CNN, hat mehrere Shows, wurde mit einem Emmy ausgezeichnet. Er hat ein paar Bestseller-Krimis geschrieben, "The Outpost" wurde mit Orlando Bloom verfilmt. Dana Bash (53) wurde in Manhattan geboren. Ihre Großmutter mütterlicherseits musste als Jüdin 1941 vor den Nazis aus Ungarn in die USA flüchten, ihre Eltern und ihre Schwester wurden in Auschwitz ermordet. Bash hat cum laude politische Kommunikation in Washington studiert, sie ist politische Chef-Korrespondentin bei CNN. Seit 2021 moderiert sie gemeinsam mit Tapper die Sonntagmorgen-Show "State of The Union".
Was hält Trump von den beiden?
Wenig, er glaubte ohnehin nicht an eine faire Debatte auf CNN, der Sender steht ihm kritisch gegenüber. "Fake Tapper", nannte er den Moderator im Wahlkampf. Sein Team wollte bei der Debatte mitzählen, wie oft Trump und wie oft Biden unterbrochen wird. Was man dazusagen muss: Trump hatte beide Moderatoren und die Modalitäten akzeptiert.
Wie lange sollte die TV-Konfrontation dauern?
90 Minuten (bis 4.30 Uhr als nach österreichischer Zeit).
Wo gibt es TV-Duell zum Nachsehen?
CNN, der deutsche News-Sender Phoenix und der ORF übertrugen live. Mehrere Medien von der "New York Times" abwärts streamten das Ereignis. Unter dem Titel "Biden gegen Trump – Das erste TV-Duell" stieg ORF III um 2.45 Uhr live ein, die Debatte wurde ab 7.35 Uhr wiederholt. Wichtig aber: Auf ORF ON ist die Sendung weiter jederzeit abrufbar. Wolfgang Geier moderiert, Inka Pieh, frühere ORF-Korrespondentin in Washington, und Martin Weiss, ehemaliger österreichischer Botschafter in den USA und Israel, analysieren.
Wer stand links, wer rechts?
Das wurde per Münzwurf am 20. Juni entschieden. Biden wählte rechts, wenn man auf den Bildschirm schaut, Trump links.
Wer hat das letzte Wort?
Biden durfte beginnen, Trump hatte das Recht auf das Schlusswort, auch das wurde am Münzwurf-Donnerstag entschieden.
Warum saßen die beiden nicht?
In US-Debatten ist das so üblich, das verleiht mehr Dynamik. Aus dem Lager der Trump-Anhänger wurde das Gerücht gestreut, Biden hätte einen Sessel verlangt, die Demokraten nannten das eine Falschmeldung.
Was war diesmal neu?
Wortmeldungen durften zwei Minuten dauern. Wer nicht an der Reihe war, bekam das Mikro stummgeschaltet. Das ist den Erfahrungen von 2020 geschuldet. Die erste TV-Debatte entglitt ins Chaos, weil Trump ständig dazwischenrief, bis Biden schließlich der Kragen platzte und er rief: "Kannst du endlich einmal die Klappe halten?"
Was stand den Kontrahenten auf der Bühne zur Verfügung?
Recht wenig. Sie durften keine Spickzettel ans Rednerpult mitnehmen. Dort lagen nur ein leerer Block und ein Kugelschreiber auf. Es sollten keine Phrasen aufgesagt werden (außer sie waren auswendig gelernt), die freie Rede war erwünscht. Ach ja, eine Wasserflasche stand auch noch am Pult.
Gab es ein Publikum im Saal?
Nein, diesmal nicht. CNN hat schlechte Erfahrungen damit gemacht. Der Sender hielt am 10. Mai 2023 ein Interview mit Trump vor Publikum ab. Seine Fans lachten, als der Ex-Präsident sich über Frauen lustig machte, die ihm Vergewaltigungen vorwarfen. Sie johlten, als er über die Erstürmung des Capitols sprach, sie applaudierten, als er über das Verbot von Abtreibung redete.
Was passierte während der Werbepausen?
Die beiden Duellgegner wurden nachgeschminkt, ebenso die Moderatoren. Aber es durfte niemand aus den Wahlkampfteams auf die Bühne, auch Rufkontakt war verboten.
Wie bereiteten sich die beiden vor?
Biden hatte sich mit einem Beraterteam nach Camp David zurückgezogen, dem Feriendomizil für US-Präsidenten in Maryland. Er spielte dort Fragen und Antworten durch. Bob Bauer, früher Berater von Präsident Barack Obama, nahm in nachgespielten Duellen die Rolle von Trump ein. Der wiederum hielt politische Diskussionen ab, zu den Sparringpartnern gehörten zwei Bewerber für das Vizepräsidentenamt, Marco Rubio und JD Vance. Er wolle Biden nicht unterschätzen, sagte Trump, aber er sei der schlechteste Debattenteilnehmer, dem er je gegenübergestanden sei.
Welches Foul gab es schon vorab?
Auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social forderte Trump einen "Drogentest für den betrügerischen Joe Biden" – er selbst würde "sofort einem zustimmen". Das Lager von Biden reagierte empört.