Biden-nachfolge
81 Millionen Dollar: Spendenrekord für Kamala Harris
An ihr führt kein Weg mehr vorbei. Innerhalb von 24 Sunden sammelten die Demokraten so viel Geld ein wie noch nie. Und Kamala Harris findet immer mehr Unterstützer. Und Trump? Attackiert sie für ihr Lachen.
Am Sonntag hatte US-Präsident Joe Biden die Reißleine gezogen und aufgegeben. Was dann passierte, überrasche viele, vor allem die Demokraten selbst. In Windeseile nahm Vizepräsidentin Kamala Harris den Platz von Biden ein, stellte alle potentiellen Gegenkandidaten in der Partei in den Schatten und ihre Kritiker kalt. Nun läuft alles auf ein Duell Harris gegen Trump hinaus und es wird brachial. Die Altersfrage bleibt, aber sie wird nun andersherum gestellt. Was Sie über die neuesten Entwicklungen wissen müssen:
Wie viele Unterstützer hat Harris bereits?
Es werden stündlich mehr. Montagabend listeten US-Medien alle demokratischen Kongressabgeordneten und Gouverneure auf, die sich bereits für Kamala Harris ausgesprochen haben. Die Aufstellung umfasst 286 Namen, 241 haben der aktuellen Vizepräsidentin ihre Unterstützung zugesagt, darunter alle 23 Gouverneure, die von den Demokraten gestellt werden. Dazu die mächtige frühere Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi. Es ist angerichtet.
Wie viele Spenden hat Harris eingesammelt?
In den ersten 24 Stunden nach Bekanntgabe ihrer Kandidatur wurden laut Auskunft der Demokraten 81 Millionen Dollar gespendet, inzwischen ist die Summe auf über 100 Millionen Dollar geklettert. Das ist ein Rekordwert. Über die Spendenplattform ActBlue sollen weitere 100 Millionen eingegangen sein, verrät der Tracker auf der Webseite. Eine Bestätigung dafür wird man erst im August erhalten, wenn die Parteien ihre Julizahlen offenlegen müssen.
Wie reagierten die Republikaner auf die neue Gegenspielerin?
Sie stellten ihre Kampagne blitzschnell um und schießen sich nun auf Harris ein. "Joe Biden war der schlimmste Präsident meines Lebens, und Kamala Harris war die ganze Zeit mit ihm da, jeden Schritt seines Weges", schrieb Trumps Vizepräsidentschaftskandidat J. D. Vance. Alle möglichen Verschwörungstheorien wurden auf die Reise geschickt. Biden sein weggeputscht worden, immer eine Marionette gewesen. Der momentan in den USA sehr populäre rechte TV-Sender Fox nannte die Vizepräsidentin eine "extremistische kalifornische Liberale", sie sei "unpopulär" und "erfolglos".
Wir wird ihr Lachen ausgeschlachtet?
Donald Trump begann damit. "Laughing Kamala – lachende Kamala", nannte er Harris bei einem Wahlkampfauftritt in Michigan. "Habt ihr sie lachen gesehen? Sie ist verrückt. Das erkennt man an ihrem Lachen". Das war nur der Auftakt, nun wird Harris lächerlich gemacht. Fake-Videos kursieren, aus dem Zusammenhang gerissen, manipuliert, falsch zusammengeschnitten. "Das Weltall ist aufregend", ist Harris zu hören, dann folgt ihr Lachen. Solche Sequenzen werden das Netz nun fluten.
Was macht Harris aktuell?
Montag hatte sie ihren ersten Auftritt nach dem Rückzug von Biden. Auf dem Rasen des Weißen Hauses empfing sie College-Sportlerinnen und Sportler. In ihrer Rede überschüttete sie den Präsidenten mit Lob. Sie schätze „seine Ehrlichkeit, seine Integrität, sein Engagement für seinen Glauben und seine Familie, sein großes Herz und seine Liebe, seine tiefe Liebe zu unserem Land." Biden habe "in den letzten Jahren viel erreicht, so etwas ist noch nie dagewesen." Am Nachmittag flog sie nach Delaware, in Wilmington haben die Demokraten ihr Wahlhauptquartier.
Wie wird Kamala eigentlich richtig ausgesprochen?
Das ist ist den USA momentan ein großes Thema, zumal das offenbar nicht einmal alle Politiker wissen. Die "Washington Post" rechnete aus, dass die Hälfte der Redner am Nominierungsparteitag der Republikaner in der vergangenen Woche den Vornahmen (absichtlich oder unabsichtlich) falsch aussprachen. Aber wie geht der nun? Schon 2016, da kandidierte sie für das Amt einer Senatorin für Kalifornien, hat Harris ein Video dazu produzieren lassen.
Wofür steht Harris eigentlich politisch?
Sie ist eine vehemente Befürworterin des Rechts auf Abtreibung. Versuche der Republikaner, die Abtreibung einzuschränken, stellte sie als Angriff auf die Freiheit der Amerikanerinnen dar. Harris kritisiert Israels Vorgehen in Gaza schärfer als Biden, sie ist für mehr Entgegenkommen gegenüber den Palästinensern. Wie Biden will sie die Ukraine weiter unterstützen.
Die Republikaner arbeiten daran, Harris zum Gesicht der US-Migrationskrise zu machen, die Zahl illegaler Grenzübertritte erreichte unter Biden Rekordhöhen. Wirtschaftlich wird sie an die Politik des Präsidenten anknüpfen. Die USA haben sich weltweit am besten von der Pandemie erholt. In der Klimapolitik war sie ein wesentlicher Treiber eines Ausgabenpakets über 370 Milliarden Dollar zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen und zur Förderung von saubere Energie.
Wie kam es zum Biden-Rückzug?
Am Sonntag um 13.46 Uhr Ortszeit (19.46 Uhr MEZ) fand die wochenlange, zermürbende Hängepartie ihr Ende. US-Präsident Joe Biden erklärte in einem offiziellen Schreiben, dass er nicht mehr als Kandidat der Demokraten für die Wahl im November zur Verfügung stehe. Der 81-Jährige fühlt sich fit genug, bis Ende der Amtszeit am 20. Jänner im Oval Office zu bleiben (was viele in Zweifel ziehen), eine zweite Amtszeit traut er sich aber nicht mehr zu (und viele sehen das auch so). Er empfehle nun Vizepräsidentin Kamala Harris für die Wahl, schrieb Biden später auf X. Das müssen Sie über die dramatischen Stunden wissen:
Wann entschied sich Biden für den Abgang?
Am Samstagabend sei weitgehend alles klar gewesen, zitiert die "Washington Post" eine anonyme Quelle. Biden sei früh zu Bett gegangen. Als er aufwachte, habe er noch einmal sein Bauchgefühl überprüft, dann war er fest entschlossen. Laut "New York Times" habe Biden mit zwei engen Mitarbeitern bereits am Samstag bis in den Abend hinein an seiner Rücktrittserklärung gefeilt.
Was war davor passiert?
Die Bidens besitzen ein Strandhaus in Rehoboth Beach, Delaware, an der Atlantikküste. Nach seiner Covid-Infektion hatte sich der US-Präsident hierher zurückgezogen. Ab Freitag versammelte er einen kleinen Kreis aus Beratern und Mitarbeitern aus seinem Team um sich, nicht mehr als fünf Leute, wegen Corona ging man auf Distanz. Vizepräsidentin Kamala Harris war nicht vor Ort und auch telefonisch nicht eingebunden.
Was war die aktuelle Lage?
Bei den Demokraten ging es längst drunter und drüber. Rücktritt ja, nein, vielleicht? Später oder nie? Aufgeben oder durchhalten? Noch am Sonntag zu Mittag veröffentlichten die Parteichefs von sieben wahlentscheidenden Bundesstaaten (Arizona, Georgia, Michigan, Nevada, North Carolina, Pennsylvania und Wisconsin) einen gemeinsamen Brief, in dem sie Biden ihrer Unterstützung versicherten.
Wie lief der Rückzug dann ab?
Laut Informationen der "Washington Post" unterrichtete der Präsident am Sonntag um 13.45 Uhr – nur eine Minute vor der offiziellen Verlautbarung – seinen innersten Kreis im Weißen Haus in einem Videocall über seine Entscheidung. "Ich habe meine Meinung geändert …" Noch während er mit dem Team sprach, ging seine Rücktrittserklärung online. Einige enge Freunde der Familie waren kurz vor der Veröffentlichung "vorgewarnt" worden. Aber der Großteil des Teams und des Mitarbeiterstabes im Weißen Haus erfuhr es via X oder WhatsApp.
Was war mit Vizepräsidentin Kamala Harris?
Biden rief sie persönlich knapp vor seiner Verlautbarung an. Die Vizepräsidentin hatte sich noch am Freitag den Zorn vieler Großspender für den Wahlkampf zugezogen. Sie schaltete sich von unterwegs in einen Zoom-Call ein, nahm sich nur ein paar Minuten Zeit und prahlte darin mit tollen Kampagnen-Erfolgen in Michigan und Wisconsin. Ehe Fragen gestellt werden konnten, meldete sie sich wieder ab.
Wie erklärte Biden seinen Rücktritt?
In einem offiziellen Schreiben, das wenig später auch in den sozialen Netzwerken gepostet wurde. Der Wortlaut:
"Meine amerikanischen Mitbürger,
in den vergangenen dreieinhalb Jahren haben wir als Nation große Fortschritte gemacht. Heute verfügt Amerika über die stärkste Wirtschaft der Welt. Wir haben historische Investitionen in den Wiederaufbau unserer Nation getätigt, die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente für ältere Menschen gesenkt und eine erschwingliche Gesundheitsversorgung auf eine Rekordzahl von Amerikanern ausgeweitet. Wir haben dringend benötigte Unterstützung für eine Million Veteranen bereitgestellt, die giftigen Substanzen ausgesetzt waren. Das erste Gesetz zur Waffensicherheit seit 30 Jahren verabschiedet. Die erste afroamerikanische Frau für den Supreme Court ernannt. Und die bedeutendste Klimagesetzgebung in der Weltgeschichte verabschiedet.
Amerika war nie besser aufgestellt, um zu führen, als wir es heute sind.
Ich weiß, dass nichts davon ohne Sie, das amerikanische Volk, hätte geschafft werden können. Zusammen haben wir eine Jahrhundert-Pandemie und die schlimmste Wirtschaftskrise seit der Großen Depression überwunden. Wir haben unsere Demokratie geschützt und erhalten. Und wir haben unsere Bündnisse rund um die Welt neu belebt und gestärkt.
Es war die größte Ehre meines Lebens, als Ihr Präsident zu dienen. Und auch wenn es meine Absicht war, die Wiederwahl anzustreben, glaube ich, dass es im besten Interesse meiner Partei und des Landes ist, beiseite zu treten und mich ausschließlich auf die Erfüllung meiner Pflichten als Präsident für den Rest meiner Amtszeit zu konzentrieren.
Ich werde später in dieser Woche über meine Entscheidung ausführlicher zur Nation sprechen. Lassen Sie mich fürs Erste meine tiefe Dankbarkeit gegenüber all denjenigen aussprechen, die so hart dafür gearbeitet haben, mich wiedergewählt zu sehen. Ich möchte Vizepräsidentin Kamala Harris danken, dass sie bei dieser ganzen Arbeit eine außergewöhnliche Partnerin gewesen ist. Und lassen Sie mich meine aus tiefem Herzen empfundene Wertschätzung für das amerikanische Volk zum Ausdruck bringen für den Glauben und das Vertrauen, die Sie in mich gesetzt haben.
Ich glaube heute, wie ich es schon immer getan habe: dass es nichts gibt, das Amerika nicht tun kann - wenn wir es gemeinsam tun. Wir müssen uns nur daran erinnern, dass wir die Vereinigten Staaten von Amerika sind."
Warum verzichtete Biden jetzt?
Das hat mehrere Gründe. Der Druck auf den US-Präsidenten in seiner eigenen Partei wurde mit jedem Tag größer. Immer mehr Demokraten waren überzeugt, dass Biden zu einer weiteren Amtszeit nicht in der Lage sei. Startpunkt war das desaströse TV-Duell mit Trump am 27. Juni. Am NATO-Gipfel in Washington verwechselte Biden Ukraine-Präsident Selenskyj mit Russlands Staatschef Putin. Obendrauf kam in der vergangenen Woche die Corona-Erkrankung.
Aber was gab den endgültigen Ausschlag?
Einmal das Geld. Immer mehr Großspender der Demokraten zogen ihr Geld ab oder froren es ein. Und: Biden verlor die Unterstützung wichtiger Wegbegleiter. Ex-Präsident Barack Obama hatte noch am 15. Juni in Los Angeles eine Spendengala für Biden geschmissen, bei der 30 Millionen Dollar eingesammelt wurden. Später sagte er, dass er "erschrocken und erschüttert" darüber gewesen sei, "wie sehr Biden gealtert war und desorientiert wirkte". Biden sei wütend gewesen, als er das gehört hat, berichten US-Medien. Auch von den Clintons sei er enttäuscht gewesen. Sie hätten sich gar nicht zu Wort gemeldet, auch nicht zu seiner Verteidigung. "Freund" George Clooney erklärte in der "New York Times": "Mit diesem Präsidenten werden wir im November nicht gewinnen." Nackenschläge!
Wo hatte sich Joe Biden die letzten Tage aufgehalten?
Eben im Strandhaus in Rehoboth Beach. Als am 13. Juli das Attentat auf Donald Trump verübt wurde, besuchte Biden gerade einen Gottesdienst in der St. Edmond's Catholic Church in der King Charles Avenue. Er flog umgehend nach Washington zurück. Am Mittwoch in der vergangenen Woche verlief ein Coronatest nach einem Wahlkampfauftritt in Las Vegas positiv. Biden ging in Rehoboth Beach in Quarantäne.
Wie geht es dem US-Präsidenten aktuell?
Biden ging während der Erkrankung seinen Amtsgeschäften nach, er soll nur leichte Symptome verspürt haben. Sein Leibarzt Kevin O’Connor schrieb am Sonntag in einer Presseerklärung, dass sich der Zustand seines Patienten "merkbar verbessert" habe. Am Sonntag bekam Biden seine achte Dosis Paxlovid, am Montag die zehnte Dosis.
Kann Biden jetzt noch Präsident bleiben?
Noch am Sonntag kamen erste Stimmen auf, dass der Präsident sofort zurücktreten solle. Er sei nicht mehr amtsfähig, sagte zunächst Kevin Hern, einflussreicher Republikaner im Repräsentantenhaus. Dem schloss sich Mike Johnson, Sprecher des Repräsentantenhauses, an: "Wenn Joe Biden nicht in der Lage ist, für das Amt des Präsidenten zu kandidieren, ist er auch nicht in der Lage, als Präsident zu dienen." Das hat Gewicht. In der Nachfolge des Präsidenten kommt der Sprecher des Repräsentantenhauses an zweiter Stelle nach dem Vizepräsidenten.
Wie reagierte Ehefrau Jill auf den Rückzug?
Mit Herz-Emojis. Die First Lady spielte bei der Entscheidung eine tragende Rolle (hier nachzulesen bei Eugen Freund). Am Sonntag stellte Joe Biden die Erklärung seines Rückzuges auf X – und Jill repostete es mit zwei Herzen.
Wie reagierte Donald Trump?
Jedenfalls nicht versöhnlich. Auf seinem X-Klon "Truth Social" schrieb er: "Der korrupte Joe Biden ist der mit Abstand schlechteste Präsident in der Geschichte unserer Nation. Er hat alles getan, was möglich war, um unser Land zu zerstören, von unserer Südgrenze über die Vorherrschaft im Energiebereich, die nationale Sicherheit, die internationale Stellung und vieles mehr. Er wurde in einer erderschütternden Debatte vernichtet, und jetzt werfen ihn die korrupten und radikalen Demokraten über Bord. Er war von Anfang an nicht diensttauglich, aber die Leute um ihn herum haben Amerika über seinen vollständigen und totalen geistigen, körperlichen und kognitiven Niedergang belogen. Wen auch immer die Linke jetzt aufstellt, es wird nur noch mehr vom Gleichen sein. MAKE AMERICA GREAT AGAIN!"
Wie ebnete Biden seiner Vizepräsidentin den Weg?
Wenige Minuten nach seinem Rückzug postete er auf X: "Heute möchte ich Kamala meine volle Unterstützung und Befürwortung für die Nominierung unserer Partei in diesem Jahr anbieten. Demokraten - es ist Zeit, zusammenzukommen und Trump zu schlagen. Lasst es uns tun!"
Fühlt sich Kamala Harris bereit für den Job?
Und wie! In einem kampfbereiten Statement griff sie wenige Stunden nach dem Biden-Rückzug sehr beherzt nach Amt und Würden. "Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um die Demokratische Partei - und unsere Nation - zu vereinen, um Donald Trump und seine extreme Agenda des Projekts 2025 zu besiegen", schrieb sie. Das komplette Statement:
"Im Namen des amerikanischen Volkes danke ich Joe Biden für seine außergewöhnliche Führung als Präsident der Vereinigten Staaten und für seine jahrzehntelangen Dienste für unser Land. Sein bemerkenswertes Vermächtnis ist in der modernen amerikanischen Geschichte unübertroffen und übertrifft das Vermächtnis vieler Präsidenten, die zwei Amtszeiten absolviert haben.
Es ist mir eine große Ehre, als sein Vizepräsident zu dienen, und ich bin dem Präsidenten, Dr. Biden und der gesamten Familie Biden zutiefst dankbar. Ich lernte Präsident Biden erstmals durch seinen Sohn Beau kennen. Wir waren Freunde aus unserer gemeinsamen Zeit als Generalstaatsanwälte unserer Heimatstaaten. Während unserer gemeinsamen Arbeit erzählte mir Beau Geschichten über seinen Vater. Was für ein Vater - und was für ein Mann - er war. Und die Qualitäten, die Beau an seinem Vater schätzte, sind die gleichen Qualitäten, die gleichen Werte, die ich jeden Tag in Joes Führung als Präsident gesehen habe: Seine Ehrlichkeit und Integrität. Sein großes Herz und sein Engagement für seinen Glauben und seine Familie. Und seine Liebe zu unserem Land und dem amerikanischen Volk.
Mit diesem selbstlosen und patriotischen Akt tut Präsident Biden das, was er sein ganzes Leben lang getan hat: Er stellt das amerikanische Volk und unser Land über alles andere.
Ich fühle mich geehrt, die Unterstützung des Präsidenten zu haben, und ich habe die Absicht, diese Nominierung zu verdienen und zu gewinnen. Im vergangenen Jahr bin ich durch das ganze Land gereist und habe mit den Amerikanern über die klare Wahl in dieser bedeutenden Wahl gesprochen. Und das werde ich auch in den kommenden Tagen und Wochen tun. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um die Demokratische Partei zu vereinen - und unser Land zu vereinen -, um Donald Trump und seine extreme Agenda des Projekts 2025 zu besiegen.
Bis zum Wahltag bleiben uns noch 107 Tage. Gemeinsam werden wir kämpfen.Und gemeinsam werden wir gewinnen."
Wer ist Kamala Harris?
Geboren am 20. Oktober 1964 in Oakland, Kalifornien. Die Mama, Shyamala Gopalan, ist Brustkrebsforscherin aus Indien, der Papa, Donald Harris, Ökonom aus Jamaika. Die beiden Einwanderer lernten sich an der University of California in Berkeley kennen. Harris hat eine Schwester, Maya (Politikberaterin, leitet ihre Wahlkämpfe). Sie ist sieben, als sich die Eltern scheiden lassen, zieht mit der Mutter nach Kanada. Zum Studium kehrt Harris in die USA zurück, engagiert sich als Aktivisten auf der Uni, macht einen Abschluss in Politikwissenschaft und Ökonomie, danach in Jus, wird Anwältin. Es ist der Beginn einer steilen Karriere: Erste schwarze Bezirksstaatsanwältin von San Francisco. Erste Justizministerin in Kalifornien. Erste schwarze Senatorin aus Kalifornien. Erste Schwarze als US-Vizepräsidentin. Harris ist seit 2014 mit dem Anwalt Douglas Emhoff verheiratet, er hat zwei Kinder im Teenageralter aus einer früheren Verbindung.
Ist sie nun fixe Kandidatin?
Nein, es werden auch andere in der Partei genannt, die meisten gehören der nächsten Generation der Demokraten an. Die Frage für sie ist nun: Tue ich mir das an, leiste ich mir eine Niederlage gegen Trump, oder warte ich lieber vier Jahre auf meine Chance? Genannt werden Gavin Newsom (56, Gouverneur von Kalifornien, Josh Shapiro (51), Gouverneur von Pennsylvania, Gretchen Whitmer (52), Gouverneurin von Michigan oder J.B. Pritzker (59), Gouverneur von Illinois. Alle haben sich mittlerweile dazu entschieden, Harris zu unterstützen.
Wer sonst noch eine Rolle spielen könnte?
Peter "Pete" Buttigieg, aktuell Verkehrsminister. Erst 42, Ex-Lieutenant der Navy, schwul. Ein klares Gegenstück zu Donald Trump. Und vielleicht die Wahl von Kamala Harris als Vizepräsidentschafts-Kandidat. Für das amt kassiert Harris derzeit viele Absagen.
Hat Harris Chancen, Trump zu schlagen?
Sie wurden im Vorfeld als gering eingeschätzt, aber jetzt sind die Karten neu gemischt. Laut Umfragen schaut es düster aus. Nur ein Drittel der Wählerschaft glaubt, dass Harris die Wahl gewinnen kann, ergab eine Befragung in Auftrag von "Politico", Harris ist ähnlich unbeliebt wie Biden. 54 Prozent hatten Ende Mai einen schlechten Eindruck vom Präsidenten, 51 Prozent von seiner Vizepräsidentin. Aber: Harris hat nun das Momentum auf ihrer Seite, sie ist die Herausforderin, kann Wählersegmente ansprechen, die für Trump unerreichbar scheinen und sie kann Trump frontal attackieren, auch in TV-Spots, gerade wegen dessen jüngster Verurteilung in der Sex-Affäre. Aber Achtung: Momentan ist sie noch nicht einmal Kandidatin.
Wann halten die Demokraten ihren Wahlparteitag ab?
Die "National Convention" findet vom 19. bis 22. August in Chicago statt. 3.949 Delegierte und 749 Superdelegierte (hochrangige Parteimitglieder, die frei entscheiden können) bestimmen offiziell den Kandidaten der Demokraten für die Präsidentschaftswahl.
Gab es eine ähnliche Situation schon einmal?
Ja und nein. Im März 1968 hielt Präsident Lyndon B. Johnson eine Rede über den Vietnamkrieg. Nach 40 Minuten verriet er beiläufig und zur Überraschung aller, dass er nicht erneut zur Wahl antreten werde. Parteiinterne Widerstände, gesundheitliche Probleme (er hatte 1955 einen Herzinfarkt erlitten) trieben ihn zu diesem Schritt. 1972 wurde Senator Tom Eagleton, der als Vizepräsidentschaftskandidat von George McGovern nominiert war, nach dem Parteitag dazu gedrängt, aus Gesundheitsgründen zurückzutreten. Er litt an Depressionen, hatte das aber seiner Partei verschwiegen.
Sind die Delegierten am Bidens Empfehlung für Harris gebunden?
Nein, sie sind nicht verpflichtet, nun Kamala Harris zu unterstützen, aber sie könnten sich verpflichtet fühlen.
Wie legen die Demokraten nun fest, wer gegen Biden antritt?
Das ist noch nicht ganz klar. Bisher war geplant, dass vor dem Nominierungs-Parteitag eine virtuelle Wahl unter den Delegierten stattfindet, um alle auf Biden einzuschwören. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieses Vorgehen nun beibehalten wird und vor dem Konvent eine Kandidat oder eine Kandidatin fixiert wird. Wenn nicht, gibt es am Parteitag eine Kampfabstimmung.
Und wann ist überhaupt die Wahl?
Am 5. November wählen die USA ihren 47. Präsidenten (eine Frau war das noch nie), es wird die insgesamt 60. Amtszeit sein. Am 20. Jänner 2025 erfolgt dann die Angelobung.