Schilling-pressekonferenz
Der gesamte Wortlaut: "Ich glaube, ich kann lernen, wie eine Grüne zu fühlen"
Eine Pressekonferenz, wie man sie nicht alle Tage erlebt. Olga Voglauer, Generalsekretärin der Grünen, und EU-Spitzenkandatin Lena Schilling über neue Vorwürfe, "Silberstein-Methoden", SPÖ und KPÖ.
Es brannte viel bei diesem Pressetermin. Die Leidenschaft, das Engagement, das äußere Innere und das innere Äußere. Die Flammen schlugen so hoch, dass sich Olga Voglauer unmittelbar danach entschuldigen musste, und das gleich zwei Mal. Bei Andreas Schieder, SPÖ-Spitzenkandidat bei der EU-Wahl. Die Grünen-Generalsekretärin hatte ihm unterstellt, hinter den Veröffentlichungen über Lena Schilling zu stehen. Und für die Wortwahl. "Silberstein-Methoden" nannte sie die vermeintliche Kampagnisierung gegen Schilling, der antisemitische Unterton kam beim Publikum nicht gut an, beim fremden sowieso nicht, aber auch nicht beim eigenen.
Es war eine denkwürdige knappe Dreiviertelstunde, in der sich Voglauer und Schilling am Mittwoch um Kopf und Kragen redeten, ohne vorher beides besessen zu haben. Am Ende gab die 23-jährige Quereinsteigerin bekannt, in die grüne Partei als Mitglied quereinsteigen zu wollen. Ob das den Zug der Zeit aufhält, darf bezweifelt werden. Lesen Sie die beiden Statements in voller Länge und im Wortlaut. Zunächst Olga Voglauer:
"Das ist ein wiederkehrendes Format. Und auch der erste Teil, mit dem ich beginnen möchte, und das wird ein bisschen ein längerer sein, wird ein Wiederkehrendes sein. Warum wird es ein Wiederkehrendes sein? Weil man gewisse Dinge nicht einfach oft genug betonen kann, was jetzt gerade und die letzten Wochen in Österreich, in der sogenannten Innenpolitik Österreichs, abläuft. Was sehen wir hier? Was sehen wir hier? Wir sehen hier eine 23-jährige junge Frau, eine eloquente Frau, die sich entschieden hat, in die Politik zu gehen. Die sich entschieden hat, der Zukunft eine Stimme zu geben. Die sich entschieden hat, mit uns Grünen einen Weg zu gehen. Und wir Grünen haben uns entschieden, mit Lena Schilling diesen Weg zu gehen.
Und was sehen wir auch? Tagtäglich die Fragen, Vorwürfe, Gerüchte etc. Na, wie lange wird denn das noch dauern? Wie lange halten denn die das noch aus? Was wollt's denn noch erleben? Was wird's denn noch so geben? Das sollen die Fragen sein, mit denen wir uns beschäftigen? Ich kann es Ihnen gleich direkt sagen. Nein, das tun wir nicht. Mit was wir uns beschäftigen, ist, wie wir in Zukunft Politik gestalten werden in Österreich. Und einen Teil dieser Politik werden wir mit Lena Schilling gestalten. Mit dieser jungen Frau, die den Weg gegangen ist, den ich jetzt aufzeichnen möchte.
Lena Schilling war Aktivistin. Lena Schilling ist ein Ausnahmetalent, ein politisches Ausnahmetalent. Um Lena Schilling haben sich unterschiedliche Parteien gerissen. Lena Schilling ist auch uns Grünen aufgefallen. Lena Schilling hat mit uns Grünen viele gemeinsame Wege bestritten, schon als Aktivistin. Und sie betont es selber immer wieder, wenn es um die Lobau geht und um das Projekt "Lobau bleibt“. Ein erfolgreiches Projekt.
In dieser Zeit haben wir uns angenähert. In dieser Zeit haben wir uns kennengelernt. Aber da war Lena Schilling keine Grüne. Da hat Lena Schilling kritisch sehr viel zu den Grünen gesagt. Da war Lena Schilling in einem Umfeld, das von Sozialdemokraten, von Kommunisten, von der Linken geprägt war. Sie kam aus einer Reihe von Menschen, die sich bei NGOs engagieren. Und da ist einem die Parteipolitik wirklich das letzte Nahe. Das kann ich Ihnen bestätigen auch aus meiner Jugend. Das ist ja der größte Verrat, zu einer Partei zu gehen. Zumindest hat das noch in den 90er Jahren gegolten. Vielleicht gilt das heute auch noch so, zumindest macht das den Anschein.
Auf alle Fälle ist eines klar: Dass Lena Schilling zu den Grünen gegangen ist. Das nimmt man ihr schließlich übel. Und man nimmt es ihr nicht nur so übel, dass man sie fragt, so wie man mich immer gefragt hat, so in den 2000er Jahren, als ich mich auf der ÖH engagiert habe: "Was tust du denn jetzt bei denen?" Nein, man schaut mal nach in seinem Smartphone, schauen wir mal, was haben wir denn so miteinander so geschrieben, was könnten wir denn jetzt herzeigen? Das ist die Methode im Jahr 2024.
Die Versuche haben nicht erst begonnen aus dem engsten Freundeskreis, als Lena Schilling überlegt hat, zu den Grünen zu gehen und als es erste Gespräche gab. Damals waren es freundschaftliche Beratungen, würde ich sagen. Wo man einfach in dem engsten Umkreis auch Leute fragt, "du, da bin ich gefragt worden, was haltest du davon?"
Wir alle haben das gemacht, die in die Politik gegangen sind. Wir alle haben uns mit Menschen, die uns wichtig sind, ausgetauscht, um abzuwiegen. Gehen wir in die Politik oder gehen wir nicht? Und ich traue mich hier zu sagen, die meisten von uns, die wir in die Politik gegangen sind und vielleicht nicht immer politisch aktiv waren, die wir unsere Freunde, unsere Familie gefragt haben, "soll ich das tun?", haben wahrscheinlich dieselbe Antwort bekommen von denen, denen wir wirklich wichtig waren. Die haben uns gesagt: "Tu das nicht!"
Aber wir haben es trotzdem getan, weil wir für etwas brennen, weil wir für etwas kämpfen und weil uns das antreibt und uns Grüne treibt an, dass wir uns damit beschäftigen, wie wir die Zukunft meistern, wie wir den Klimakollaps abwenden, wie wir diese Klimakrise schaffen und glauben Sie mir eines, das passt vielen nicht. Glauben Sie, der Mitbewerb, der politische, der Wirtschaftsbund, die Industriellenvereinigung steht da und sagt: "Ma toll, liebe Grüne. Das ist wirklich super, was ihr da macht's, da werden wir euch unterstützen." Nein, da unterstützt uns nicht die große Mehrheit, logisch nicht. Weil es heißt, Komfortzonen zu verlassen. Und das wissen wir alle aus unserem eigenen Leben: Komfortzonen zu verlassen ist nicht lustig, ist nicht einfach. Aber: Es bringt uns in eine andere Zukunft, und in eine gute Zukunft. Und in diese wollen wir gehen.
Aber zurück zu dem, mit was wir uns beschäftigen. Wir beschäftigen uns mit privaten Chatnachrichten. Wir beschäftigen uns damit, wie sich Freunde ausgetauscht haben, in dieser Zeit, als Lena Schilling überlegt hat, in die Politik zu gehen. Noch einmal: Mit Menschen, die sie als beste Freundinnen und Freunde oder als gute Freundinnen und Freunde, gute Wegbeleiterinnen und Wegbegleiter empfunden hat. Und ich werde es heute noch öfter sagen und ich werde es auch in Zukunft immer wieder sagen: Es ist nicht wegzuwischen, dass wir hier über Berichte, Gerüchte, Chats aus dem höchsten privaten, persönlichen Bereich erzählen. Und schreiben. Und meiner Meinung nach ist das falsch.
Meiner Meinung nach, das ist wirklich meine ganz persönliche Meinung. Das ist wirklich falsch. Soll ich Ihnen nach der Pressekonferenz die Telefonnummer meiner 50 besten Menschen, die mich im Leben begleitet haben, geben? Wollen Sie diese anrufen und sie fragen, was Sie von Olga Voglauer halten? Wollen Sie das? Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich will das nicht. Weil im Gegensatz zu Lena Schilling habe ich noch eine Privatsphäre.
Lena Schilling war am Beginn keine Grüne. Das haben wir klargestellt, das hat Lena klargestellt. Das war ganz klar, wenn man dich beobachtet hat und dich begleitet hat, liebe Lena. Und es war auch uns klar, dass das ein anderer Weg ist und die Grüne Partei hat gerungen. Die Grüne Partei hat sich sehr genau gefragt, wenn wir das tun, auf welcher Position, wenn wir das als Spitzenkandidatin tun, was bedeutet das? Was für ein Team braucht Lena Schilling auch, um gut in diese Rolle hineinzuwachsen? Was brauchen wir als Grüne, damit wir Lena Schilling annehmen können? Damit wir auch das verarbeiten als Partei, dass es sich um eine Quereinsteigerin handelt.
Die viel geliebten Quereinsteigerinnen mit wirklich politischen Ausnahmentalenten, die sind ja auch nicht immer ganz einfach für die Partei nach innen. Aber auch das haben wir sehr genau angeschaut. Wir haben uns ausgetauscht. Wir haben über die Länder wirklich hingeschaut. Wie gehen wir diesen Weg gemeinsam und es war uns bewusst, dass es kein leichter sein wird. Und dass es auch viele Fragen geben wird und dass einiges an Fehlern passieren wird unterwegs, aber weil das passiert halt einfach. Aber was wir wollten, was wir gemeinsam mit Lena wollten und wollen, ist, zu zeigen, dass Politik menschlich ist, dass nicht jede Forderung von irgendeinem Trainer heruntergefeilt ist und da steht vor ihnen der geschliffene Diamant.
Nein, es war anders geplant. Aber was nicht geplant war, war das, was uns jetzt beschäftigt. Nämlich, dass man andauernd die Öffentlichkeit damit beschäftigt, was Lena Schilling geschrieben, gesagt und getan haben soll, vor der Zeit, als sie bei den Grünen kandidiert hat. Einen nächsten niedersten Auswuchs dessen haben wir gestern erlebt. Aber es hört ja nicht auf. Es hört nicht auf.
Wissen Sie, mit welchen organisierten gestreuten Gerüchten es umgehemmt weitergeht und zu was wir alles befragt werden? Ich gebe Ihnen jetzt mal ein Potpourri daraus. Wir sind damit konfrontiert, dass Lena Schilling ferndiagnostiziert und pathologisiert wird. Wir werden gefragt, ob es stimmt, dass Lena Schilling ihr Buch nicht selbst geschrieben hat. Wir werden danach gefragt, wann Lena Schilling das letzte Mal die Uni besucht hat, bei welchem Kurs sie anwesend war, welcher Professor das gehalten hätte, welche letzte Uniarbeit sie geschrieben hat, welchen Titel diese hatte und wer hier mitgeschrieben hat und wann genau der Abgabetermin dieser Arbeit war.
Es wird gefragt, ob Lena Schilling das Lobaucamp angezündet hat. Es werden wahllos Männernamen an uns abgefragt und bei uns abgefragt, mit denen sie ein Verhältnis haben hätte sollen. Und all das ist weiterhin der hemmungslose Versuch, eine junge engagierte Frau fertig zu machen. Sie vor den Ruin ihres bisherigen Lebens und des zukünftigen Lebens zu stellen. Und das gehört in genau dieser Deutlichkeit gesagt und festgehalten.
Die Grenzen sind überschritten und niemand von uns weiß, wohin das gehen wird. Aber eines kann ich Ihnen schon sagen, was wir gehen werden: Den weiteren Schritt vorwärts, weil es um die Grünen geht, weil es um unsere grünen Werte geht, weil es um das geht, was uns antreibt. Saubere Umwelt, saubere Politik und der Kampf gegen die Klimakrise, weil es nur dadurch eine sozial gerechte Zukunft für uns alle gibt. Für alle Generationen und für die nächsten Generationen, für die Lena Schilling eine Stimme ist.
Lena Schilling ist nicht fehlerfrei. Davon haben Sie sich jetzt auch alle ein Urteil gefällt aus Ihrem privatesten Umfeld heraus. Zeugnisse wurden verteilt. Sie hat ein Nicht genügend. Ja und? Und damit soll es jetzt sein? Kampagne beendet? Erfolgreich, ja? Sicher nicht. Weil wissen sie was? Hinter diesem Kampagnen-Thema, das sich irgendwie so wie ein Quecksilber zusammengefunden hat, zu einer wirklichen Hetze, einer menschenverachteten Hetze, die ich in Österreich und viele von uns, oder gar niemand von uns, so erlebt hat, das hat ein Programm und das ist nicht zufällig so. Das ist nicht zufällig so.
Es ist deshalb nicht zufällig so, weil es Gruppierungen gibt, weil es Mitbewerber gibt, weil es Menschen gibt, die ein persönliches Interesse haben, dass Lena Schilling nicht erfolgreich sein darf. Dass den Grünen eine erfolgreiche Kandidatur einer jungen Quereinsteigerin nicht gelingen darf. Wissen Sie, vor wenigen Wochen war es noch so, dass wir wirklich gute Daten hatten. Dass wir gesehen haben, wow, mit dem Klimathema bewegen wir wieder. Unsere Partei war noch innen und außen geeint und wir haben mobilisieren können wie selten zuvor. Wenn Menschen wieder gebrannt haben, wenn Menschen wieder etwas gespürt haben in sich, dass es sich lohnt, für Politik engagiert zu sein.
Wissen Sie, wer dieses Feuer entzündet hat? Lena Schilling hat dieses Feuer entzündet. Wissen wir Grüne, wer dieses Feuer entzündet hat? Lena Schilling hat dieses Feuer entzündet. Und wie so oft gilt es, man kann in anderen nur das Feuer entzünden, das in uns brennt. Und in Lena Schilling brennt ein großes Feuer, nämlich für den Klimaschutz. Und das werden auch diejenigen nicht verhindern, die aus dem engsten persönlichen Freundeskreis oder ehemaligen Freundeskreis, das musst du entscheiden, liebe Lena, hier weiter daran arbeiten werden. Die haben ein Interesse.
Woher kommen denn die? Also wenn man so die Gerüchte zurückverfolgt und alle diese Behauptungen, kommt man immer wieder auf ein paar Menschen. Und diese Menschen sind mitten im Kreise der SPÖ. Die sind mitten im Kreise der KPÖ. Und bevor sie mir jetzt sagen, das ist typisch, jetzt sind die anderen schuld. Hallo? Schauen wir uns doch an, was gerade passiert? Ja, genau, dort gibt es Interessen. Und wenn man sich die Umfragedaten anschaut, dann sage ich: "Cui bono bestätigt". Die profitieren davon, die haben kein Interesse an starken Grünen. Glauben Sie, die haben kein Interesse, dass das bleibt in Österreich so, dass die Lobau nicht gebaut wird?
Glauben Sie, die haben ein Interesse, dass die Grünen weiter Mitverantwortung übernehmen, so wie sie es jetzt getan haben und Österreich verändern, wo die CO2 -Emissionen das erste Mal seit den 90er Jahren sinken? Glauben Sie wirklich, dass die Industrie und die Wirtschaft hier einfach so zuschauen wird? Und kein Interesse daran hat, dass die Grünen hier jetzt ein Problem haben?
Und ja, wir haben ein Problem! Aber dieses Problem ist kampagnisiert und da möchte ich jetzt drei Dinge festhalten. Uns Grünen nutzt diese gesamte Show und Chose, die wir jetzt haben, die letzten zwei Wochen sicher nicht. Nein, uns Grünen schadet das.
Aber wer hat denn die Interessen? Ich habe ein paar schon genannt und ich nenne es jetzt noch einmal. Zum einen die SPÖ. Es tut mir sehr leid und es sind nicht unsere Methoden, es ist nicht das, wofür wir stehen. Aber ich werde Ihn hier jetzt zitieren. Das, was wir hier sehen, sind Silberstein-Methoden. Zuerst, wenn einem eine Person nicht passt, wird sie persönlich kaputt gemacht und dann politisch. Mittlerweile können wir das bestätigen. Auch insofern eine Bestätigung, dass das doch sehr wohl kampanisiert ist. Denn die Gerüchte sind immer im Kontext mit SPÖ-Personen. Immer ist Frau Bohrn Mena dabei, die auch SPÖ-Mitglied ist und dann auch noch andere Personen aus dem SPÖ-Umfeld. Im Übrigen war auch Sebastian Bohrn Mena Mitglied der SPÖ Penzing, wo auch der Herr Schieder herkommt.
Und da haben wir noch die KPÖ. Die KPÖ wird bei der Nationalratswahl einen Spitzenkandidaten haben. Und dieser Spitzenkandidat ist der Ex-Freund … raten Sie mal. Die "Krone" hat es ihnen schon verraten. Also, ein Ex-Freund von Lena Schilling, der wird Spitzenkandidat sein der KPÖ. Und glauben Sie jetzt, der hat ein Interesse, dass wir Grüne stark sind? Glauben Sie, die Kommunisten, die jetzt um den Einzug rittern, die wissen, "hey, es kommt auf jede Stimme drauf an. Natürlich haben wir einen Profit, davon, wenn es den Grünen schlecht geht". Und wenn wir straucheln.
Nur die Grünen werden nicht aufhören vorwärtszugehen. Weil die Menschen, die Wahlhelfer, die Menschen, die Aktivistinnen sind, die Menschen, die Funktionen übernommen haben unter den Grünen, natürlich sind die auch Teil oder Ziel des Angriffs. Weil man will ja demobilisieren, man will demotivieren. Man will uns wieder zurück in die Vergangenheit versetzen. Nur ich sage Ihnen eines, das wird nicht gelingen, weil auch wir Grünen sehen, was hier abläuft.
Und natürlich, natürlich hadern wir damit. Es wäre alles andere nicht logisch. Aber es treibt uns was Großes an. Und das Große, das uns antreibt, ist eine solidarische Gesellschaft freier Menschen in einer intakten Welt. Wer bei den Grünen Mitglied wird, wer bei den Grünen aktiv wird, lernt und weiß irgendwann einmal über seine Laufbahn bei den Grünen diesen Satz auswendig. Wer ihn lebt, weil er ihn verinnerlicht hat. Eine solidarische Gesellschaft freier Menschen in einer intakten Umwelt. Das treibt uns Grüne an.
Und eine solidarische Gesellschaft ist keine, die das Privatleben einer jungen, 23-jährigen Frau auf diese Art und Weise, beschämende Art und Weise in der Öffentlichkeit breittritt. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich meine, damit ist genug.
Hier das Statement von Lena Schilling im Wortlaut:
Ich bin in den letzten Wochen mit ganz unterschiedlichen Gefühlen vor ihnen gestanden. Ich habe mich manchmal geniert für Dinge, die aus meinem Privatleben in die Öffentlichkeit getragen wurden, über Gerüchte und Behauptungen hinweg. Ich war manchmal geknickt, weil ich über Fehler reden musste, die ich in der Vergangenheit gemacht habe und mich dafür entschuldigt habe, vor ganz, ganz vielen Zuschauerinnen und Zuschauern.
Aber langsam bin ich an einem Punkt, wo es mir reicht. Ich bin extrem wütend. Ja, ich habe verletzliche Momente auf meinem Weg zu dieser Entscheidung gehabt. Ob ich das will, eine grüne Kandidatin werden. Ich bin in der Wiener Linken sozialisiert, ich komme aus einer Familie mit Sozialdemokraten, Kommunisten, mein soziales Umfeld hat eines gemeinsam: Viele von ihnen lehnen die Grünen ab. Immer schon ein bisschen und sicher noch mehr, seit die Grünen in einer Koalition mit der ÖVP sind. Und ich war genauso.
Ich war kritisch gegenüber den Grünen und hab daraus jetzt auch kein Geheimnis gemacht. Ich hab das immer wieder von mir gegeben. Und hab mir auch kein Blatt vor den Mund genommen. Auch, dass ich goschert bin, ist mittlerweile wohl aufgefallen.
Sie merken, es ist nicht leicht, für mich hier zu stehen und darüber zu reden. Schon wieder. Aber wissen Sie, warum ich heute da stehe? Weil es einen Grund gehabt hat, warum ich mit den Grünen so hart ins Gericht gegangen bin. Weil es eine Partei ist, von der ich mir verdammt viel erwartet habe. Und da, wo man viele Erwartungen hat, da übt man auch harte Kritik. Aber ich habe alles gewusst und deswegen stehe ich noch immer da. Wenn man Klimaschutz, und Politik ernsthaft machen will. Wenn man Klimapolitik ernsthaft machen will, dann macht man das mit den Grünen.
Und wissen Sie was? Wahrscheinlich alle von Ihnen haben einen Chat-Ausschnitt zwischen mir und Veronika Bohrn Mena mittlerweile gesehen, der ja breit verschickt wurde, wo ich geschrieben habe, dass ich die Grünen gehasst hab. Was Sie nicht haben, sind die Nachrichten aus der genau gleichen Unterhaltung, wo es darum geht, ob ich kandidieren soll oder nicht, über meine Gefühlslage.
Was ich da auch geschrieben habe, ist, dass ich mich nicht mehr in der KPÖ sehe. Was ich auch geschrieben habe, ist, dass das Klimathema mein wichtigstes Anliegen ist und dass ich dafür kämpfen möchte und so mit aller Kraft. Wo ich schreibe, dass ich mit einer grünen EU-Abgeordneten geschrieben und telefoniert hab Tage zuvor und wahnsinnig beeindruckt war von ihrer Arbeit. Und deswegen überlegt habe, ob das wirklich Sinn macht. Wo ich schreibe, ich glaube, ich kann lernen, wie eine Grüne zu fühlen. Das ist eine Nachricht da drunter. Und wissen Sie was? Ich glaube, ich habe es gelernt.
Ich stehe hier heute als eine Grüne durch all diese Turbulenzen. Warum? Ich habe schon gesagt, weil es die einzige Partei ist, die Klimaschutz ernst nimmt. Und weil sich die Grünen für Demokratie und gegen Rechtsextreme einsetzen. Weil ich Leute kennengelernt habe, die sich bei den Grünen engagieren, die jeden Tag kämpfen. Es ist zum Beispiel mein Kollege Tom Waitz, der Chef der europäischen Grünen, der stabil für Klimaschutz auch in Europa Politik macht.
Es sind Menschen, die ich in den Bundesländern kennengelernt habe. Mamas, Sozialarbeiterinnen, Lehrerinnen und Lehrer. Es sind Menschen, die engagiert sind. Die in der Zivilgesellschaft kämpfen, die in BürgerInnen-Initiativen aktiv sind. Menschen, die in ganz verschiedenen Teilen des Landes gemeinsam versuchen, das, worum es geht, nämlich unsere Lebensgrundlage zu schützen.
Es sind Menschen, wie eine Klimaschutzministerin. Und das habe ich oft gesagt. Leonore Gewessler, die den Mut hatte, den Lobautunnel abzusagen. Das war für mich ein wahnsinnig beeindruckender Tag. Es ist eine Justizministerin, die den Rechtsstaat schützt. Es ist ein Sozialminister, der sich für den Sozialstaat einsetzt. Und ja, es ist auch eine Klubobfrau und ein Vizekanzler, der in den letzten vier Jahren ziemlich viel Krisen gemanagt haben und auch noch Sebastian Kurz die Stirn geboten haben.
Und für mich sind es vor allem die Aktivistinnen, die Aktivisten, die sich in diesem dreckigen Wahlkampf trotz alledem auf die Straße stellen und laufen. Die mit Leidenschaft, die mit ganz viel Mut, und das braucht verdammt viel Mut, jeden Tag auf die Straße gehen. Die sagen, "hej, es geht um die Zukunft meiner Kinder. es geht um die Frage, wie wir in den nächsten zehn, 15 Jahren noch leben können. es geht um die Frage, ob wir eine solidarische und gerechte Gesellschaft bauen wollen". Und bei denen will ich mich bedanken. Und vor allem, dass sie auch noch rennen, wenn jeden zweiten Tag eine neue Geschichte lanciert wird.
Und jetzt müssen genau diese Menschen, die laufen, lesen, ich würde zur Linksfraktion übertreten. Das ist ein Bullshit. Ich hätte zu anderen Parteien gehen können. Ich habe es nicht gemacht. Ich hatte andere Angebote, aber ich habe mich für die Grünen entschieden, weil die Grünen die Partei sind, mit der ich Klimapolitik machen will und Klimapolitik machen kann.
Und auch bei der Linksfraktion gibt es einfach Dinge, die uns unterscheiden. Ich will das inhaltlich noch einmal klarmachen, dass das vom Tisch ist. Die linke Fraktion gibt von sich immer wieder Dinge, wo nicht klar ist, dass ein russischer Angriffskrieg ist. Ich stehe klar auf der Seite der Ukraine. Das habe ich von Anfang an klar gemacht. In der Linksfraktion gibt es immer wieder Positionierungen zu einer Täter-Opfer-Umkehr in diesem Konflikt, aber auch in anderen, hinter denen ich nicht stehe. Auch bei dem Terror-Angriff der Hamas auf Israel beispielsweise.
Und ja, ich wollte am Anfang kein Mitglied der Grünen werden und ich fand es auch gut, dass ich als Aktivistin die Chance habe, auf einem Platz 1 zu kandidieren. Weil ich fünf Jahre lang auf der Straße gekämpft habe für das Anliegen, das uns verbindet. Ja, auch ohne Parteibuch ist das gegangen.
Aber wissen Sie was? Gerade jetzt in dieser Zeit habe ich einen Entschluss gefasst. Ich habe kaum in meinem Leben jemals so viel Rückhalt erfahren wie gerade durch diese Schmutzkübelkampagne, durch einmal die Beleuchtung meines gesamten Lebens, Privatlebens, jeden Fehler, den ich gemacht habe, und ich bin dafür wahnsinnig dankbar. Ich glaube, es geht um eine kämpferische Bewegung, die ich unterstützen will. Nicht nur als Kandidatin, sondern auch als Mitglied. Deshalb habe ich heute meinen Antrag auf Mitgliedschaft abgeschickt, weil ich mit den Grünen das machen will, was mich antreibt. Das, was mich motiviert, das, wofür ich brenne und ich brenne noch immer, weil so viel mehr geht, als diesen dreckigen Wahlkampf, nämlich um tatsächlich die Frage, wie wir gemeinsam in Zukunft leben wollen.
Ja, nur bei den Grünen wird das mit Klimaschutz aus ganzem Herzen gemacht und ich stehe heute mit einem immer noch pumpernden Herzen da. Das Gefühl hat sich seit Beginn der Kandidatur nicht verändert. Es gab immer wieder Phasen, wo es unterschiedlich war, aber ich stehe mit derselben Motivation heute hier und das will ich machen im Europaparlament mit einer grünen Fraktion. Und Sie alle sind meine Zeuginnen und Zeugen, falls jemanden eine eidesstattliche Erklärung abgeben will. Gemeinsam werden wir für diese Fragen für die Zukunft kämpfen. Und ich werde darunter nicht zerbröseln. Wir werden kämpfen wie die Löwinnen, weil es einfach um zu viel geht, um aufzugeben. Vielen Dank.