probealarm am HAndy

AT-Alert: Weshalb Ihr Handy gleich zwei Mal Alarm schlug

Das neue, österreichweite Handy-Warnsystem wurde erstmals getestet. Für Handybesitzer hieß das: Ihr Smartphone schlug am Samstag knapp vor 12 Uhr und knapp vor 13 Uhr ordentlich Krawall. Das müssen Sie darüber wissen.

So ähnlich wird eine der beiden Probe-Warnmeldungen aussehen, die am Samstag, dem 5. Oktober, an alle Mobiltelefone in Österreich ausgesendet werden
So ähnlich wird eine der beiden Probe-Warnmeldungen aussehen, die am Samstag, dem 5. Oktober, an alle Mobiltelefone in Österreich ausgesendet werden
BMI
Newsflix Redaktion
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Gut Ding braucht Weile. Und so hat es letztlich nicht einmal 20 Jahre gedauert, ehe das technisch nicht übertrieben anspruchsvolle Handy-Warnsystem auf Basis des sogenannten "Cell Broadcastings" nun auch in Österreich eingeführt wird.

Am Samstag, dem 5. Oktober war es soweit, da wurden die ersten beiden Probe-Warnmeldungen an alle Handys in Österreich versendet, ganz brav föderalistisch aufgeteilt, einmal vom Innenministerium und ein weiteres Mal von den neun einzelnen Bundesländern. Wie das funktionierte, wer wen wann alarmierte, was Sie über das neue System wissen müssen – hier alle Antworten:

Was geschah am 5. Oktober?
Wie jedes Jahr im Herbst, werden auch heuer die Zivilschutzsirenen im ganzen Land auf ihre Funktionsfähigkeit getestet, und zwar am 5. Oktober. Zusätzlich dazu, wurde heuer erstmals ein weiteres, neues Zivilschutz-System erprobt, und zwar AT-Alert. Mit AT-Alert werden künftig im Ernstfall Warnmeldungen an jedes Mobiltelefon im ganzen Land gesendet. Um auszuprobieren, ob die technische Infrastruktur von AT-Alert funktioniert, wurden am Samstag zwei Probe-Warnmeldungen an alle Mobiltelefone im Land ausgesendet.

Wann wurden die Probe-Warnmeldungen ausgesendet?
Die erste kurz vor 12 Uhr, die zweite ab 12.45 Uhr. Im selben Zeitraum wurden auch die Zivilschutzsirenen erprobt.

Weshalb zwei Probe-Warnmeldungen?
Weil das System einerseits vom Innenministerium und andererseits von den neun Landesregierungen genutzt werden soll. Und um zu überprüfen, ob hier auf allen Ebenen und in allen Bundesländern die Technik mitspielt, wird einerseits eine Probe-Warnmeldung aus dem Innenministerium an alle Handys in ganz Österreich gesendet. Und dann eine zweite Warnmeldung von jedem einzelnen Bundesland an alle Handys, die gerade in dem jeweiligen Bundesland eingeschaltet sind.

Muster-Text für eine Probe-Warnmeldung in Tirol
Muster-Text für eine Probe-Warnmeldung in Tirol
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Waren die Warnungen erfolgreich?
Das ist noch nicht klar. Die drei großen Handynetzbetreiber werden die Daten erst in der kommenden Woche auswerten. Dann weiß man, wie viele Smartphones den Alarm tatsächlich bekommen haben.

Wird die Probe-Warnmeldung nur auf deutsch sein?
Nein, die Probe-Warnmeldungen werden auch künftig alle Warnmeldungen auf Deutsch und Englisch verfasst sein.

Wie sieht so eine Alarmmeldung aus?
Das ist von Handy zu Handy verschieden. Die staatlichen Behörden haben keinen Einfluss auf die optische Darstellung der Warnmeldungen oder auf den Warnton, der gleichzeitig ausgesendet wird. Nur der jeweilige Warntext wird vom Innenministerium oder von den neun Landeswarnzentralen gestaltet. Das optische Design sowie die Signaltöne, mit denen die Handys alarmieren, werden von den Handy-Herstellern vorab festgelegt und ähneln sich großteils, die Unterschiede sind marginal. Der Signalton ist – vor allem in der höchsten Warnstufe – bei allen Herstellern unangenehm laut und durchdringend, das Display blinkt auffallend Rot.

Bekommt jedes Handy die Warnungen?
Jedes Handy, das eingeschaltet ist und im Empfangsbereich eines Mobilfunkmasts ist. Denn das System funktioniert nur über das Mobilfunknetz, die Warnungen werden nicht über WLAN ausgesendet. Es braucht also immer ein Mobilfunknetz.

Kann man verhindern, dass man die Warnung auf sein Handy bekommt?
Ja, einerseits indem man das das Telefon auf Flugmodus stellt, oder andererseits, indem man es komplett ausschaltet.

Jedes Handy, das sich in einem bestimmten Mobilfunkbereich befindet, erhält die offiziellen Warnmeldungen für diesen Bereich, unabhängig vom Mobilfunkanbieter
Jedes Handy, das sich in einem bestimmten Mobilfunkbereich befindet, erhält die offiziellen Warnmeldungen für diesen Bereich, unabhängig vom Mobilfunkanbieter
Getty Images/iStockphoto

Kostet es mich etwas, diese Warnmeldungen zu erhalten?
Nein, man muss nur ein Handy besitzen und ein Mobilfunknetz benutzen, ganz gleich wie (also egal ob fixer Vertrag oder Prepaid-Karte).

Muss man etwas tun, wenn man die Probe-Warnmeldungen erhalten hat?
Nein, wenn man die Probe-Warnmeldungen am 5. Oktober bekommen hat, funktioniert alles einwandfrei. Genau das soll der Test sicherstellen.

Und wenn man keine Meldungen erhalten hat?
Dann sollte man nachprüfen, woran das liegt. Es kann sein, dass das Handy auf Flugmodus war und deshalb keinen Mobilfunkempfang hatte. Oder die entsprechende Funktion auf dem Handy ist abgeschaltet – es gibt die Möglichkeit, den Empfang der Warnmeldungen zu unterbinden, dafür muss man aber in die Systemeinstellungen seines Handys gehen. Werkseitig sind alle Handys so eingestellt, dass sie Warnmeldungen empfangen können. Wenn das geändert wurde, dann sollte man das überprüfen und gegebenenfalls wieder einschalten.

Wie mache ich das?
Bei den Systemeinstellungen des Handys gibt es bei Android-Geräten den Punkt "Notfallwarnungen", bei iPhones findet man die entsprechende Funktion bei den Einstellungen unter "Mitteilungen" und dann im Unterpunkt "Home". Hier sollten zwei Schieberegler sein, einmal für "Kritische Hinweise" und einmal für "Dringliche Mitteilungen". Beide Funktionen sollten aktiviert sein, damit man auch wirklich alle Warnmeldungen empfangen kann.

Gibt es verschiedene Arten von Warnmeldungen?
Ja, es gibt insgesamt 4 Stufen, je nachdem, wie kritisch und gefährlich eine Situation ist, vor der gewarnt werden soll. Die niedrigeren drei Warnstufen kann man in dem oben beschriebenen Menüpunkt "abdrehen", die höchste Warnstufe kann man allerdings nicht beeinflussen, diese kommt immer durch, wenn man sich mit seinem Handy in einem Mobilfunknetz befindet.

Welche Stufen hatten die Probe-Warnmeldungen am Samstag, dem 5. Oktober?
Eine Probe-Warnmeldung hatte eine niedrige Warnstufe und eine wurde auf der höchsten Warnstufe ausgeschickt. Da sich die höchste Warnstufe nicht im Handy-Menü "abdrehen" lässt, sollte also jedes Handy zumindest eine Probe-Warnmeldung erhalten haben.

Wer bei seinem Handy den Flugmodus aktiviert, trennt es vom Mobilfunknetz – dadurch können auch keine Warnmeldungen empfangen werden
Wer bei seinem Handy den Flugmodus aktiviert, trennt es vom Mobilfunknetz – dadurch können auch keine Warnmeldungen empfangen werden
Getty Images

Was tue ich, wenn ich mich im Menü meines Handys nicht zurechtfinde?
Man kann immer zu einem Shop seines Netzanbieters gehen und die Mitarbeiter da um Unterstützung ersuchen, sie kennen sich mit allen gängigen Handy-Typen aus und können einfach überprüfen, ob ein Handy so eingestellt ist, dass es die Warnmeldungen empfangen kann.

Wie funktioniert dieses Warn-System eigentlich?
AT-Alert und alle anderen Systeme, die nach diesem Prinzip funktionieren, machen sich eine besondere Funktion des Mobilfunknetzes zunutze. Jeder Handymast versorgt eine gewisse Fläche mit Mobilfunk. Diese Fläche - im Fachjargon wird sie "Zelle" oder englisch "Cell" genannt – ist flächenmäßig größer oder weniger groß, das hängt vor allem von den landschaftlichen Gegebenheiten ab. Und mit dem AT-Alert-System können Warnmeldungen gezielt an einzelne Zellen gesendet werden.

Und wer bekommt diese Warnmeldungen dann?
Alle Handys, die sich gerade in dieser Mobilfunkzelle befinden, ganz gleich, welchen Mobilfunkanbieter man benutzt oder ob man eine Prepaid-Karte verwendet. Wenn ich einen bestimmten Bezirk eines Bundeslandes alarmieren möchte, dann steuere ich alle Mobilfunkmasten in diesem Bezirk an, wenn ich das ganze Bundesland alarmieren möchte, werden alle Zellen im ganzen Bundesland  beschickt usw. Man kann auf diese Art sehr punktgenau oder aber, wenn nötig, sehr großflächig alle Handys in einem Gebiet erreichen. Der Fachbegriff für diese Funktion heißt Cell-Broadcasting, weil Warnnachrichten eben an die Mobilfunkzellen ausgestrahlt werden.

Kann man auch Warnmeldungen bekommen für einen anderen Bereich als den, in dem man sich gerade befindet?
Das geht leider nicht, weil dieses System natürlich nicht wissen kann, welche speziellen Orte jede einzelne Person interessieren. Hier geht es immer nur um akute Warnungen für einen bestimmten Bereich. Ist eine Bedrohung so umfassend, dass ein ganzes Bundesland, mehrere Bundesländer oder gar ganz Österreich gewarnt werden muss, dann bekommen entsprechend mehr Mobilfunkmasten die Warnmeldung und senden sie an die Handys in ihrem Bereich weiter.

Wenn ich außerhalb der Reichweite des Mobilfunknetzes bin, kriege ich die Warnung, sobald mein Handy wieder Empfang hat?
Ja, sobald das Handy wieder Empfang hat und im Bereich eines Mobilfunkmasts ist, bekommt man auch die Warnmeldung aufs Handy.

Ist dieses System technisch kompliziert?
Nein, das ist im Grunde ein sehr simples und stabiles System, weshalb es mittlerweile auch von sehr vielen Ländern auf der Welt verwendet wird. Österreich ist bereits ziemlich spät dran mit der Einführung dieses Warnsystems.

In den USA ist ein vergleichbares System bereits seit 2012 im Einsatz und wird landesweit sehr häufig genutzt. 2018 kam es dabei zu einer peinlichen Panne, als irrtümlich gemeldet wurde, dass der Bundesstaat Hawaii mit ballistischen Raketen angegriffen wird. Die Meldung wurde kurz darauf dementiert, die Menschen waren dennoch massiv verunsichert
In den USA ist ein vergleichbares System bereits seit 2012 im Einsatz und wird landesweit sehr häufig genutzt. 2018 kam es dabei zu einer peinlichen Panne, als irrtümlich gemeldet wurde, dass der Bundesstaat Hawaii mit ballistischen Raketen angegriffen wird. Die Meldung wurde kurz darauf dementiert, die Menschen waren dennoch massiv verunsichert
REUTERS

Bekommt man die Warnungen auf jedes Handy?
Das Mobiltelefon muss ein Android-Betriebssystem ab Version 11 bzw. ein iOS-Betriebssystem (Apple) ab Version iOS 17.4 haben.

Und was ist mit älteren Telefonen bzw. Handys mit älteren Betriebssystemen?
Ältere Telefone, die nicht über die benötigte Hard- oder Software verfügen, erhalten nur Warnmeldungen der höchsten Warnstufe.

Wie lange ist dieses System bereits in Betrieb?
Das erste System, das nach diesem Prinzip aufgebaut gewesen ist, wurde 2005 in Südkorea aktiviert. Japan folgte 2007, Litauen 2011, die USA und die Niederlande 2012. Aber Österreich ist nicht das letzte Land in der EU, dass dieses Alert-System einführt. In 14 europäischen Ländern gibt es überhaupt noch kein Zivilschutzsystem via Handy, darunter u.a. die Schweiz, Finnland oder Ungarn, Tschechien und die Slowakei.

Wovor soll mit AT-Alert eigentlich gewarnt werden?
Vor allem, was eine Gefahr für die Bevölkerung darstellt. Also Natur- und Umweltkatastrophen, aber auch mögliche kriminelle oder terroristische Gefahren. Daher auch die Möglichkeit sowohl für den Bund, als auch für die Bundesländer, darauf zurückzugreifen.

Diese Warnung wurde, zusammen mit 14 anderen, während der schweren Unwetter und Überschwemmungen Mitte September 2024 bereits voa AT-Alert ausgesendet
Diese Warnung wurde, zusammen mit 14 anderen, während der schweren Unwetter und Überschwemmungen Mitte September 2024 bereits voa AT-Alert ausgesendet
Forum Mobilkommunikation

Wurde das System bereits offiziell eingesetzt?
Ja, es wurde, obwohl noch in der Erprobung, bei der Hochwasserkatastrophe Mitte September erstmals verwendet, und zwar für gezielte Nachrichten an die Bürger in mehreren Bezirken in Niederösterreich, dem Burgenland und der Steiermark. Insgesamt wurden damals 15 Nachrichten mittels AT-Alert verbreitet, die meisten davon in der Steiermark.

Wer hat Zugriff auf das System und kann damit Warnmeldungen aussenden?
Einerseits das Innenministerium in Wien und andererseits die 9 Landesregierungen in den Bundesländern. Und es sind konkret die Bundeswarnzentrale im Innenministerium sowie die 9 Landeswarnzentralen in den Bundesländern, die entscheiden, ob in einer Gefahrensituation eine Warnmeldung ausgesendet werden soll und in welchen Regionen die Warnmeldung empfangen werden soll.

Gab es vor AT-Alert überhaupt kein vergleichbares Warnsystem fürs Handy?
Es gab ein System namens "Katwarn", das seine Warnungen und Benachrichtigungen allerdings nicht über das Mobilfunknetz ausgesendet hat, sondern über das Internet. "Katwarn" war auch eine App, die man erst am Handy installieren musste, um überhaupt Warnmeldungen erhalten zu können. Der Erfolg des Systems war sehr überschaubar, es gab nur wenige Nutzer und es wurde in den vergangenen Monaten auch so gut wie nicht mehr zur Benachrichtigung der Bürger genutzt. Mit der Einführung von AT-Alert wird "Katwarn" nun endgültig abgeschaltet, wer die App auf seinem Handy hat, kann sie getrost löschen.

Außer man fährt häufiger nach Deutschland, dort funktioniert "Katwarn" sehr gut.

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