3 kinder weg
Wieso in Wiener Kindergärten jetzt Telefon-Verbot herrscht
In Wien sind drei 4-Jährige aus einem Kindergarten ausgebüchst - ohne dass es dort jemandem aufgefallen wäre. Der Vorfall zeigt, wie hoch in unseren Kindergärten inzwischen das Unkraut steht – sinnbildlich gesprochen. Eine Analyse von Niki Glattauer.
Du putzt gerade die Küche, da steht deine 4-jährige Tochter, die du im Kindergarten gut aufgehoben glaubst, plötzlich vor der Wohnungstür. Kein Muh, kein Mäh. Vom Kind nicht, vom Kindergarten nicht.
Du rufst dort an, um zu erfahren, was denn passiert sei, und dann kriegst du mit, dass das Verschwinden deines Kindes nicht einmal bemerkt worden ist. Nicht nur das deines Kindes, sondern das gleich dreier Kinder. Dreier Mädchen, alle 4 Jahre alt, die am 16. Oktober in einem Kindergarten der "Kinderfreunde" in Wien-Floridsdorf unbemerkt und mutterseelenallein ihren Heimweg angetreten haben. Einen Kilometer sind sie gegangen, rund eineinhalb Stunden lang, bis sie zu Hause waren. Über Stock, Stein und befahrene Verkehrswege.
Passiert ist gottseidank nichts.
Aber passieren wird leider auch nichts.
Kinder unterm Radar Der eben geschilderte Vorfall wurde von den "Kinderfreunden" inzwischen "evaluiert", mit welchem Ergebnis, lesen Sie bitte am Schluss dieses Textes. Ihn mit "menschlichem Versagen" zu erklären, wird dem Problem nicht gerecht. Im Gegenteil: Dass Kindergartenkinder heutzutage stundenlang unter dem Radar des diensthabenden und zur Aufsicht verpflichteten Personals bleiben können, ist Folge der seit Jahren unerträglichen Um- und Zustände in nahezu allen städtischen Kindergärten. Und um eins gleich klarzumachen:
Wo das Unkraut herkommt Mit dem im Vorspann angesprochenen "Unkraut" in den "Gärten" unserer Kinder meine ich nicht die Menschen, die dort unter vielen Mühen ihre Arbeit verrichten, und natürlich schon gar nicht die Kinder selbst, so schwierig sie vor allem in den Städten auf Grund der familiären und sozialen Verhältnisse auch sein mögen – das Unkraut, von dem ich spreche, das weht der politische Wind in Österreichs Kindergärten.
Immer mehr Kinder Auf einen einfachen Satz herunter gebrochen: Für viel zu viele Kinder in viel zu großen Gruppen gibt es viel zu wenig Personal. 2023/24 wurden fast 94 Prozent der Drei- bis Fünfjährigen, in absoluten Zahlen grob 320.000 Kinder, und immerhin bereits 33 Prozent der Unter-3-Jährigen, grob 80.000 Kinder, in einer der rund 7.500 so genannten "elementaren Bildungseinrichtungen", sprich Krippen und Kindergärten, betreut. (Horte und altersgemischte Einrichtungen sind in diesen Zahlen nicht eingerechnet). Inzwischen ist also schon bei den Unter-3-Jährigen jedes dritte Kind "in Betreuung", 10 Jahre davor war es nur jedes 5. Kind gewesen.
Aber leider nicht mehr Personal Laut Statistik Austria sind aktuell 67.094 Fach- und Hilfskräfte im Alter von 16 bis 79 Jahren in Kinderbetreuungseinrichtungen für null- bis fünfjährige Kinder zuständig. Statistisch kümmert sich also jede Fach- oder Hilfskraft um sechs Kinder. Nun arbeitet aber natürlich nicht jede Fach- und Hilfskraft "am Kind", und Statistik ist halt immer noch mehr Theorie, als passionierte Statistiker das wahrhaben wollen. In der Praxis kann man von rund 30.000 Personen ausgehen, die tatsächlich Kindergruppenarbeit verrichten. 50.000 Personen bräuchten wir aber. Das hat eine Studie im Auftrag des Bildungsministeriums schon vor zwei Jahren ergeben. So etwas nenne ich Notstand. Und der ist ja auch bereits längst öffentlich:
Bitte lassen Sie ihr Kind zuhause! Eigentlich hätte die Nachricht ja zum Headliner, zum Aufmacher, zur Spitzenmeldung getaugt – aber sie ging nachwahlberichterstattungsbedingt unter: In Wien werden Eltern mit Kindern in öffentlichen Kindergärten derzeit schriftlich aufgefordert, ihre Kleinen nur dann dorthin zu schicken, wenn sie sie nicht selbst zuhause betreuen können. Beginnend im Bildungscampus Attemsgasse in Wien-Donaustadt, wurde Anfang Oktober ein fünfstufiger Notfallplan der MA 10 in Kraft gesetzt, der eigentlich nur für Pandemie-Zeiten geschaffen wurde. Inzwischen ist in jedem Bezirk mindestens ein Kindergarten betroffen. Ganz ohne Pandemie …
250 Gruppen ohne Personal Der profane Grund: Personalnot. Aktuell fehlen in den Kindergärten der Stadt Wien Pädagogen für sagen und schreibe 250 Gruppen. Grippe, grippale Infekte und auch verstärkt wieder Corona in der neuen Variante XEC haben das Personalproblem derart verschärft, dass Gruppen quasi im Wochentakt geschlossen werden.
"Parkplatz" oder Bildungseinrichtung? Sucht man den tieferen Grund für die bestehende Misere, stößt man bald auf das in Österreich nicht mehr stimmige Verständnis von "Kindergarten". Denn einerseits wird er von vielen Elternteilen nur als betreuter Kurzzeit-"Parkplatz" für jene Stunden wahrgenommen, in denen sie andere Tätigkeiten ausüben. Was dazu führt, dass man mit ihnen bei bestem Willen nicht nachhaltig arbeiten kann. Andererseits hat der Kindergarten den gesellschaftspolitischen Auftrag, erste Bildungseinrichtung zu sein, in der oft genug auch mangelnde elterliche Kompetenzen ausgeglichen werden müssten. Eine Schere, die das Personal nicht mehr zukriegt. Gleichzeitig zerreißt es die Institution Kindergarten im politischen Tauziehen mit widersprüchlichen Vorgaben und Vorhaben in Bund, Ländern und Gemeinden, in deren Kompetenz bzw. Inkompetenz sie fällt.
Das Soll wäre 3 zu 15 Seit 30 Jahren gibt er von der WHO bezüglich Kindergärten in Europa klare Empfehlungen: Die Gruppengrößen sollen 15 Kinder nicht überschreiten, dafür bräuchte es jeweils zwei universitär ausgebildete Pädagoginnen plus Unterstützung einer Assistenzkraft. Damit seien individuelle Förderung inklusive Sprachförderung möglich. Und wie ist das in Österreich wirklich, Frau Mag.tra Gabriele Zwick?
Das Ist lautet: 2 zu 25 Ich treffe die für Kommunikation zuständige Vertreterin der nach den "Kinderfreunden" zweitgrößten privaten Trägerorganisation im Land, der St. Nikolausstiftung der Erzdiözese Wien, nahe dem Stephansdom. 6.300 Kindergarten- und Hortplätze in 320 Gruppen an knapp 90 Standorten werden in Wien von der St. Nikolausstiftung geführt. Gabriele Zwick weist umgehend darauf hin: Der aktuelle sogenannte "Fachkraft-Kind-Schlüssel" entspreche nicht den wissenschaftlich empfohlenen Kenntnissen.
Die traurige Praxis Von 2 Pädagoginnen plus Assistenzkraft pro 15 Kinder ist leider keine Rede.
So viele Pädagoginnen kümmern sich um so viele Kinder
- Bei den 3- bis 6-Jährigen kommt 1 Pädagogin samt 1 Assistentin auf bis zu 25 Kinder
- 20 Kinder sind es in den Gruppen der 2- bis 6-Jährigen
- Und selbst in der Krippe mit 0- bis 3-Jährigen sind 1 Pädagogin und 1 Assistentin für 15 Kinder zuständig
Seit September 2024 gebe es aber zumindest in Wien in Familien- und Krippengruppen noch eine weitere Assistentin im Ausmaß von 15 Wochenstunden. "Sie können sich vorstellen, was es heißt, wenn für jede Gruppe schon auf dem Papier nur eine Pädagogin vorgesehen ist", sagt Mag.tra Zwick und bricht das Problem auf den Bildungsauftrag herunter, zum Beispiel in der Sprachförderung:
Es fehlt der politische Wille "Kinder lernen eine Sprache, indem mit Kindern viel gesprochen wird, d.h. die Alltagshandlungen sprachlich begleitet werden …" Selbst jene Kinder, die eine andere Erstsprache hätten "und zum Teil noch nie ein deutsches Wort gehört haben", wären kein Problem. Im derzeitigen Bildungsalltag mit 25 Drei- bis Sechsjährigen bleibe dafür aber nicht ausreichend Zeit. Und: "Die Bildungsarbeit im Kindergarten hat sich grundlegend geändert: Kinder starten bereits früher und durch den qualitätsvollen Blick auf das einzelne Kind, werden entwicklungsbedingte Auffälligkeiten zum Teil früher beobachtet. Leider fehlen dann die entsprechenden personellen Ressourcen, um diese Kinder entsprechend zu begleiten." Woran es mangle?
"Am politischen Willen."
Die ersten Lebensjahre entscheiden Diesen politischen Willen fordern inzwischen nicht nur die Privatkindergärten ein, die zwei Drittel der Kindergartenlandschaft Österreichs abdecken. So meinte "Mr. PISA", der OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher, in seiner Österreich-Analyse zur letzten Studie "Bildung auf einen Blick 2024" in einem "Standard"-Interview auf die Frage, was seiner Meinung nach die wichtigste politische Maßnahme eines neuen Bildungsministers wäre, ganz deutlich: "Prioritär wäre für mich, besseren Zugang zu qualitativ hochwertiger frühkindlicher Bildung zu schaffen. In den ersten Lebensjahren werden die entscheidenden Grundlagen für späteren Erfolg und auch für Chancengerechtigkeit gelegt, und dort hat Österreich besonders hohen Nachholbedarf."
Eine Demo nach der anderen Was zu tun wäre, weiß man – und liest man. Zum Beispiel auf den Transparenten, Tafeln und Schildern bei einer der mittlerweile fast halbjährlichen Demonstrationen, bei denen Kindergärtnerinnen – Kindergärtner höflich mit gemeint – in den letzten Jahren nicht gegen ihre Arbeitgeber, sondern explizit gegen die Politik auf die Straße gegangen sind. Zuletzt am 2. Oktober. 4.000 Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen aus mehr als 300 privaten Wiener Kindergartenstandorten – die Organisatorin: "Wir demonstrieren im Namen von 63.000 Kindern" – hatten sich, ausgestattet mit orangen und gelben Warnwesten, vor dem Naturhistorischen und Kunsthistorischen Museum eingefunden.
Mit Pfeifen und Ratschen Es wurde mit Trillerpfeifen und Ratschen öffentliche Aufmerksamkeit gesucht. Transparente ragten in die Höhe. "Es reicht – ein Gesetz für alle!", hieß es auf einem. Nur ein einheitliches Bundesrahmengesetz könne Abhilfe schaffen, sagte GPA-Vorsitzende Barbara Teiber später dem "Standard". Und: "Natürlich sind die Länder weiter gefordert. Aber es braucht so etwas wie eine grundlegende Qualitätsbasis, etwa beim Fachkraft-Kind-Schlüssel". Und: Es dürfe keinen Unterschied machen, ob ein Kind in Wien oder Vorarlberg bzw. von einem privaten, kirchlichen oder städtischen Träger betreut wird.
Es geht auch uns Geld Mag.tra Zwick erklärt mir: "Der Kindergarten ist Ländersache und die gesetzlichen Vorgaben sind unterschiedlich, dadurch wird zum Beispiel auch Personal abgeworben." Aha? "Wenn das Bundesland A großzügigere Ferienregelungen hat oder geringere Öffnungszeiten– beides übrigens zum Nachteil der Kinder und deren Eltern – , dann pendeln PädagogInnen eben ins Nachbarbundesland." Nachsatz: "Und ums Geld geht's natürlich auch."
Lohn knapp über der Armutsgrenze Tatsächlich, man kann es kaum glauben, verdienen Elementarpädagoginnen nur knapp über der Armutsgefährdungsschwelle. Der linksliberale Think-Tank "Momentum Institut", der von der Gewerkschaft unterstützt wird, hatte die Gehälter in den Kindergärten erhoben und errechnet, dass Kindergärtnerinnen mit einem Nettolohn von 1.464 Euro nur 72 Euro über der Armutsgefährdung liegen. In Tirol, Oberösterreich und Salzburg werde die Arbeit sogar darunter abgegolten. Am meisten Gehalt erhalten Frauen in der Kinderbetreuung in Wien, mit im Schnitt 1.661 Euro.
Schützenhilfe von Bestsellerautor In Sachen Entlohnung Schützenhilfe bekamen sie von Buchautor Andreas Salcher, der sich gegenüber der "Krone" zwischen den Zeilen einen Seitenhieb auf die Lehrerschaft (wieder einmal) nicht verkneifen konnte. "Die Elementarpädagogen haben völlig recht", sagte Salcher. Sie seien "im Vergleich mit den Lehrern sehr schlecht bezahlt". Und: Weil Länder und Gemeinden für die Kindergärten zuständig seien und diese daher nicht Teil eines gesamtstaatlichen Bildungssystems, hätten sie auch keine starke Gewerkschaft hinter sich. Salcher: "Der Kanzler müsste das Thema zu seiner persönlichen Sache machen.
Auch der Wiener Kinderpsychiater Stefan Ferenci verteidigt die Demos: Würde man hier ordentlich investieren, "dann bräuchten wir deutlich weniger Kinderpsychiater", sagt der ehemalige Vizepräsident der Wiener Ärztekammer.
Kinder bilden, nicht managen Schon ziemlich genau vor einem Jahr waren 10.000 Mitarbeiter der Wiener Kindergärten und Horte für bessere Arbeitsbedingungen auf die Straße gegangen. "Wir wollen Kinder bilden und nicht managen", hieß es da auf einem der Plakate. Die Ankündigung von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), bis 2030 in Summe 4,5 Milliarden Euro bereitzustellen, sei ein Hohn. Allein in Wien würden sage und schreibe 1.200 Elementarpädagoginnen fehlen. Unter einer Milliarde Euro – und zwar jährlich – sei nicht zu denken, wenn man die Versäumnisse der letzten Jahre aufholen wolle.
Probe auf Exempel Tatsächlich: Dividiert man den scheinbar hohen Betrag von 4,5 Milliarden durch die sechs Jahre bis 2030 und die fast 10.000 Kinderbetreuungseinrichtungen, bleiben für jedem Standort im Schnitt 75.000 Euro pro Jahr. Das ist wahrlich mehr Kleckern als Klotzen. Natascha Taslimi vom "Netzwerk elementarer Bildung Österreich" bringt in diesem Zusammenhang gern das BIP ins Spiel: Während hierzulande 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Betreuung und Bildung der Kleinsten investiert werden, sei es etwa in skandinavischen Ländern doppelt und drei Mal so viel.
188 Euro versus 72 Euro Und weil wir schon bei den Kosten sind: Natürlich schlägt sich die Unterdotierung in den Preisen für private Kindergartenplätze, wie sie aktuell von den "Kinderfreunden", den "Kindern in Wien" (KIWI), der Diakonie und der "Vereinigung Katholischer Kindertagesheime" (KKTH) angeboten werden, nieder. 76 Euro kostet für Eltern ein Kindergartenplatz z. B. in der St. Nikolausstiftung 10 mal im Jahr, dazu kommen 95 Euro für das Mittagessen und 17 Euro für zwei Mal Jause. Macht pro "Rotznaserl" immerhin 188 Euro. Für einen Platz in einem der "kostenfreien" städtischen Wiener Kindergärten – rund ein Drittel aller Wiener Kindergartenplätze werden hier angeboten – zahlt man aktuell 84,85 Euro, das ist der Essensbeitrag.
50 Prozent sagen Ja zu den Demos Das Grós der Bevölkerung hätte die Gewerkschaft mit ihren Demos jedenfalls hinter sich. Das zeigt eine Online-Studie durch "Integral" (500 Befragte zwischen 16 und 75 Jahren) in Kooperation mit dem Netzwerk Elementare Bildung Österreich (NeBÖ), die Ende Jänner zum "Siebenten Tag der Elementarbildung" vorgestellt wurde. Demnach habe die Akzeptanz in der Bevölkerung allein im Vergleich zum Jahr davor um zehn Prozentpunkte zugenommen: 53 Prozent fänden es demzufolge gut, dass diese Proteste stattfinden – mit besonders hoher Zustimmung in Wien sowie unter Höhergebildeten. Weiter gestiegen sei auf 82 Prozent auch der Anteil derer, die die Vermittlung von Bildung bereits im Kindergarten für (sehr) wichtig halten. Gleichzeitig seien zwei Drittel der Ansicht, dass Österreich zu wenig für Elementarpädagogik ausgibt.
Und die Politik? Noch-Bildungsminister Martin Polaschek wird nicht müde zu betonen, dass der Bund eigentlich nur für die Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen verantwortlich ist, über die Rahmenbedingungen (Gruppengröße, Fachkraft-Kind-Schlüssel etc.) aber die Länder entscheiden. Eh, nur ist das a) wenig hilfreich, solange der Bund das Heft offensichtlich gar nicht in die Hand nehmen will; und b) spießt es sich ja gerade bei der Ausbildung. Mag.tra Gabriele Zwick von der St. Nikolausstiftung: "Es müsste genau umgekehrt sein."
Drop-Out-Rate ist enorm "Der Bund sollte einheitliche Rahmenbedingungen festlegen, von Entlohnung über Öffnungs- und Ferienzeiten bis zu einem einheitlichen Qualitätsrahmen. Und die Ausbildung in den BAfEPs (Bildungsanstalten für Elementarpädagogik, Anm.) von der 5-jährigen Form hin zur Erwachsenenausbildung verändern sowie die Ausbildung an den Hochschulen als grundständige Ausbildungsform etablieren." Denn gerade bei der Ausbildung laufe sehr viel schief: Zwick: "Die Drop-Out-Rate ist enorm. Wir wissen nicht, wie viele Absolventinnen und Absolventen vor allem nach der 5-jährigen Ausbildung in den Beruf einsteigen, viele sind es nicht."
Heiße Kartoffel Ihr Gefühl täuscht sie nicht. Tatsächlich gibt es kaum eine BAfEP-Klasse, in der wenigstens ein Drittel der Absolventinnen dann wirklich in den Beruf einsteigt. Barbara Teiber von der Gewerkschaft: "Momentan gehen aus einer BAfEP mit 20 Schülerinnen und Schülern, wenn man Glück hat, fünf in den Beruf."
Oder andersherum: Tausende, jahrelang teuer ausgebildete Elementarpädagoginnen fassen die "heiße Kartoffel Kindergarten" gar nicht erst an.
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Irgendwann habe ich mich gefragt … Etwa Hannah, die im vergangenen Sommer der "Wiener Zeitung" ein Interview gab. Hannah hat fünf Jahre lang eine BAfEP besucht, sich nach der Matura aber umentschieden. "Man startet die Ausbildung mit 14 Jahren. Man ist sehr jung und wird zu den Kindern in die Praxis gesteckt, während der Druck herrscht, benotet zu werden." Bis in die dritte Klasse habe sie sich trotzdem vorstellen können, in einem Kindergarten zu arbeiten, sagt Hannah.
… wieso mach ich das eigentlich? "Aber irgendwann habe ich mich gefragt: Wieso mache ich das eigentlich? Der Job hat kein Ansehen, und man wird nicht wertgeschätzt. Die Vorbereitungen muss man in der Freizeit erledigen und die Bezahlung ist auch schlecht. Außerdem entsprechen viele Anforderungen an eine Pädagogin nicht mehr der heutigen Zeit." Andere fangen zumindest zu arbeiten an. Und tun, was sie können. Manche halte ein paar Monate durch, manche ihr ganzes Arbeitsleben lang. Oft auf Kosten der Verve. Womit ich zu dem Vorfall in Floridsdorf zurückkomme:
So sind die 4-Jährigen ausgebüchst Wie eine Sprecherin der Wiener Kinder- und Jugendhilfe (MA 11) dem "Kurier" erzählte, habe der unglückliche Vorfall im Garten seinen Anfang genommen. "Die Pädagogin war zwar schon dort, führte zu dem Zeitpunkt aber ein telefonisches Gespräch mit einer externen Fachkraft über die Kinder." Dabei dürfte sie nicht bemerkt haben, wie sich die drei … nun, auf den vorgezogenen Heimweg gemacht haben. "In einem uneinsehbaren Teil des Gartens ist die Erde unter dem Zaun so weich, dass die Kinder eventuell auf diesem Weg nach draußen kommen konnten."
Telefonieren nun verboten Die "Kinderfreunde" hätten jedenfalls noch am selben Tag Selbstanzeige bei der MA 11 gemacht. Inzwischen habe sich auch eine von der Kinder- und Jugendhilfe beauftragte Inspektorin vor Ort kundig gemacht. "Noch am selben Tag wurde der untere Bereich des Zauns so verstärkt, dass da niemand mehr durchkommt." Die Pädagogin, die an jenem Tag Dienst hatte, habe nicht mit dienstrechtlichen Konsequenzen zu rechnen. Man werde jedoch das gesamte Personal zum Thema Aufsichtspflicht nochmals schulen. "Es darf dann z. B. nicht mehr telefoniert werden, wenn die Kinder sich im Garten aufhalten", so die Sprecherin der MA 11.
Auch keine schlechte Idee.
Nikolaus "Niki" Glattauer, geboren 1959 in der Schweiz, lebt als Journalist und Autor in Wien. Er arbeitete von 1998 an 25 Jahre lang als Lehrer, zuletzt war er Direktor eines "Inklusiven Schulzentrums" in Wien-Meidling. Sein erstes Buch zum Thema Bildung, "Der engagierte Lehrer und seine Feinde", erschien 2010